Wenn man den Eindruck hat, zu viel Zeit in den digitalen Medien zu verbringen, und sich damit unwohl fühlt, versuchen viele es mit digitaler Abstinenz. Aber die Evidenz dafür, dass dies hilft, ist sehr begrenzt. Zu diesem Schluss kommt ein Forschungsteam in einem Überblicksartikel über digital disconnection.
Die Forscherinnen und Forscher definieren die digitale Abstinenz dabei als eine bewusste individuelle Entscheidung, digitale Interaktionen zu reduzieren, um das Wohlbefinden zu verbessern. In ihrem Artikel ordnen sie die Probleme, die durch Übergebrauch entstehen können, in vier Typen ein: Zunächst das Gefühl von Zeitverschwendung, weil zu lange geshoppt, getextet oder Netflix geschaut wird. Zweitens die Wahrnehmung, dass durch zu viele digitale Unterbrechungen die Konzentration leidet. Drittens der Eindruck, dass die Grenzen der verschiedenen Rollen in Beruf und Familie zunehmend verschwimmen, was Stress, Konflikte oder gar ein Burnout nach sich ziehen kann. Und schließlich das Empfinden, dass die Inhalte von den Nachrichten bis zur Serie die Gedanken und Gefühle verdüstern, bis hin zu depressiven Symptomen.
Zu allen diesen Formen gibt es Forschung, aber noch keine klaren Erkenntnisse, welche Intervention für welche dieser Beeinträchtigung die beste ist. Laut dem Forschungsteam geht es stets um weniger: Zeit, Zugang, Kanäle bis hin zu den belastenden Inhalten – aber es funktioniert nicht so gut. Das liegt wohl an einem grundlegenden Zwiespalt, in dem wir alle sind: Wir hassen die digitalen Medien und wir lieben sie.
Quelle
Mariek M. P. Vanden Abeele u.a.: Why, how, when, and for whom does digital disconnection work? A process-based framework of digital disconnection. Communication Theory, 2024. DOI: 10.1093/ct/qtad016