Keine Angst vor Schreibblockaden

Je höher der Druck, desto schlimmer die Blockade: Wie Daria Müller lernte, ihre Angst vor Schreibblockaden anders zu interpretieren.

Daria Müller erzählt:

„Am Anfang meines Studiums habe ich gar nicht verstanden, was mit mir los ist. Ich war gut in der Schule, doch in der Uni hatte ich das Gefühl: Ich bin nicht fürs Studieren gemacht.

Ich setzte mich an den Laptop und brachte keinen Satz zustande. Je höher der Druck, etwas schreiben zu müssen, desto schlimmer die Blockaden.

Immer wieder habe ich aus diesem Grund Klausuren und Hausarbeiten nicht mitgeschrieben oder bin gar nicht mehr zur Uni gegangen. Manchmal hat­te ich Panikattacken.

Mit meinen Eltern konnte ich nicht darüber reden – ich bin die erste Person im Haushalt, die studiert. Ich wollte sie nicht damit belasten.

Weil es mir allgemein nicht gutging, begann ich eine Psychotherapie. Dabei wurden unter anderem eine posttraumatische Belastungsstörung und ADHS diagnostiziert. Ich verstand: Ich bin nicht faul, sondern psychisch krank.

Zeitdruck, nicht Leistungsdruck

Dozierenden das zu schreiben und um mehr Zeit zu bitten, ist mir anfangs sehr schwergefallen, aber die meisten reagierten sehr verständnisvoll. Aufgrund meiner Diagnosen bekomme ich nun auch offiziell einen Nachteilsausgleich im Studium.

Und noch etwas wurde mir bewusst: Ich bekomme sehr gute Noten. Vielleicht bin ich also doch nicht zu dumm für die Uni?

Mit diesem Selbstbewusstsein kann ich den Druck jetzt uminterpretieren: Was ich spüre, ist Zeitdruck, nicht Leistungsdruck. Ich weiß, dass ich etwas Sinnvolles schreiben kann!

Mittlerweile gebe ich sogar ein Tutorium. Aufgaben zu korrigieren fällt mir ganz leicht. Und wenn mich mal eine Studentin, ein Student um mehr Zeit bittet, freue ich mich, Unterstützung anbieten zu können.“

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 4/2023: Schüchtern glücklich sein
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