Vier Arten des platonischen Schlussmachens

Zwischen Anfang und Mitte dreißig gehen viele Freundschaften auseinander. Neue Lebensphasen fordern Schlussstriche. Vier Wege alte Bindungen zu beenden

Eine junge Frau sitzt allein in ihrer Wohnung und liest und schottet sich ab
Neuer Job oder ein Umzug? Manche Veränderungen machen das Ende einer Freundschaft erforderlich. © plainpicture/ESTELLE FENECH

Wie Romanzen verändern sich auch platonische Beziehungen, schreibt die Psychologin Rebecca Schild in ihrem Buch Freunde fürs Leben?. Meist fangen wir erst nach einer anfänglichen Verliebtheitsphase an, Unterschiede wahrzunehmen. Werden diese im Laufe der Zeit durch veränderte Lebensphasen oder andere Wendepunkte unüberwindbar, können auch Freunde Schluss machen.

Das aktive Trennungsgespräch

Ein sachliches Trennungsgespräch erfordert Mut. Letztlich hilft es aber beiden, die Trennung besser zu verarbeiten.…

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Trennungsgespräch erfordert Mut. Letztlich hilft es aber beiden, die Trennung besser zu verarbeiten. Wichtig ist, das Gespräch nicht hinauszuzögern und pauschale Schuldzuweisungen zu vermeiden. Auch die Wertschätzung der (alten) Freundschaft kann versöhnend sein.

Ghosting

Problematischer ist das Ghosting – ein vollständiger Kontakt- und Kommunikationsabbruch, bei dem eine Person überhaupt nicht mehr reagiert. Ghosts sind meist konfliktscheu, meiden Probleme und vor allem unangenehme Gefühle. Denn wer abtaucht, muss weder die eigenen noch die Gefühle des Gegenübers aushalten. Beim anderen hinterlässt diese Strategie viel Schmerz und offene Fragen.

Langsames Herausschleichen

Bei der Distanzierung nimmt die Intimität durch weniger Interaktion ab. Rebecca Schild spricht von einem „langsamen Herausschleichen“, also einer quantitativen Veränderung der Beziehung. Dies kann absichtlich geschehen oder unbemerkt durch äußere ­Lebensumstände.

Abschotten von bestimmten Aspekten

Bei der Abgrenzung werden hingegen bestimmte Aspekte (zum Beispiel Aktivitäten oder Themen) der Freundschaft eingeschränkt. Der Psychologe Thomas Khullar spricht von einer „Kompartimentierung“, also einer Abschottung, die die Beziehung zunehmend einengt.

Lesen Sie außerdem aus derselben Ausgabe:

Warum gehen so viele Freundschaften Anfang bis Mitte dreißig auseinander? in Der Bruch Mitte dreißig

Quellen

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 3/2024: Ich bin mehr als die Krisen, die hinter mir liegen