Margaret, die 1955 geborene Tochter J.D. Salingers, wusste als Kind lange Zeit nicht, dass ihr Vater von Beruf Schriftsteller war. Sie glaubte, er habe gar keinen Broterwerb und tue schlicht und einfach nichts. Keinen Zweifel aber hatte sie daran, dass ihr Daddy ein Soldat war.
„Die Geschichten, die er erzählte, die Kleidung, die er trug, seine gebrochene Nase, die er sich beim Sprung aus seinem Jeep geholt hatte, als er von einem Scharfschützen beschossen wurde, sein von einer Granatexplosion in nächster Nähe ertaubtes Ohr, der Army-Jeep, den er fuhr, seine ältesten Freunde, die er alle von der Armee her kannte, die Waffen, mit denen er mir das Schießen beibrachte, seine GI-Uhr, die er Tag und Nacht trug, die Wasserkanister und Gemüsekonserven aus Armeebeständen, die wir in riesigen Mengen im Keller hatten, die Orden, die er uns zeigte, wenn mein Bruder und ich lange genug bettelten, beinahe alles, was ich von meinem Vater sehen und berühren und hören konnte, sagte mir eines: Soldat.“
Salinger war in vielerlei Hinsicht ein widersprüchlicher Charakter. Einerseits menschenscheu, andererseits ein treuer und hingebungsvoller Briefeschreiber und Freund. Wobei wiederum zu bedenken war, so erzählte er seiner Tochter, dass die Menschen, die er am meisten achtete, alle tot waren: im Krieg gefallen. Salinger war, und zwar nach eigener Aussage, beziehungsunfähig, zugleich blieb er bis ins hohe Alter Frauen mehr als zugetan. Er verachtete den literarischen Betrieb, sorgte sich aber beinahe manisch um seinen geradezu mythenhaften Ruf als Autor des Fängers im Roggen.
Innerlich im Krieg geblieben
Buchkritiker Denis Scheck, ein leidenschaftlicher Freund der amerikanischen Literatur, pilgerte einstmals selbst nach Cornish in New Hampshire, um einen Blick auf das sagenumwobene Grundstück des geheimnisvollen Autors zu werfen, der dort abgekapselt von...
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