Psychologie der Klimakrise

Der Klimawandel wird immer stärker spürbar, trotzdem bleiben notwendige Veränderungen aus. Drei Bücher zeigen, wie wir endlich aktiv werden könnten.

Fast zwei Drittel der Menschen weltweit betrachten die Klimakrise als „globalen Notfall“. Dies belegt ein Bericht der Vereinten Nationen, der im Vorwort des Sammelbandes Climate Action erwähnt wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir bereit sind, aktiv zu werden. Was bremst unser Handeln, begrenzt unser Denken? Sind wir vor Angst erstarrt? Und wenn wir etwas tun, wie werden unsere Aktivitäten dann wirksam? Drei Bücher beschäftigen sich mit diesen wichtigen Fragen.

Die Autorinnen und Autoren des Bandes Climate Action beleuchten aus psychologischer und interdisziplinärer Sicht die Hindernisse, die einer angemessenen Auseinandersetzung mit der Krise im Wege stehen. Die Gliederung des Bandes ist übersichtlich. Zunächst – und das ist der Schwerpunkt – geht es um die psychologischen Ursachen und Folgen unserer Handlungshemmnisse, im zweiten und dritten Teil um Möglichkeiten, aktiv zu werden, und um eine Umsetzung in der Praxis, die Vorbild sein könnte.

Die Psychologin Lea Dohm erforscht unser Klimabewusstsein. Bei ihm handele es sich um ein spezifisch menschliches Wahrnehmen und Erleben. Es zähle zu den höheren, kulturvermittelten Bewusstseinsformen, die sich allmählich evolutionär entwickelt hätten. Unser Klimabewusstsein „wird uns durch Kultur und Gesellschaft antrainiert bzw. durch die Erziehung unserer Eltern vermittelt oder aufgenötigt“.

Aber selbst wenn eine Aufgeschlossenheit für die Probleme vorhanden sei, müssten noch Verantwortungsgefühl, Selbstwirksamkeit wie auch ein gewisser Leidensdruck hinzukommen, damit die vielfältigen Abwehrmechanismen überwunden würden und Aktivität entstehen könne.

Von Angst zu Aktionismus

Klimahandeln ist kollektiv – oder gar nicht, so die These einer Forschergruppe um den Sozialpsychologen Immo Fritsche. Der Einzelne sei nicht wirkungsmächtig. Die Rettung des Klimas gelinge nur im Kollektiv. Unsere Rettung liege nicht in erster Linie in einer Vielzahl von Verzichtleistungen, sondern in einer Umkehr hin zu einem attraktiveren Lebensmodell – etwa durch eingeschränkten Konsum, Teilzeitarbeit und mehr freie Zeit für Familie und das soziale Umfeld. Dieses Buch dehnt den Rahmen eines Fachbuches aus. Es ist auch für Laiinnen geschrieben und wirklich erkenntnisreich. Sehr zu empfehlen!

Doch nicht jeder kann sich aktivieren, manche fühlt sich gelähmt, mancher verzagt vor der großen Aufgabe, unseren Planeten zu retten. Die Klimaangst, so der Titel eines weiteren Buches, geht um. Es ist ein schwammiger Begriff für einen mentalen Zustand, bei dem es sich nicht um eine Krankheit handelt. „Für uns ist Klimaangst eine normale Angst“, so die Schwestern Amelie (Psychologin) und Friederike (Masterstudentin Politik und Wirtschaft) Schomburg. Das Anliegen des Sachbuches mit vielen Ratschlägen und Interviews ist, über Emotionen aufzuklären, die uns belagern können, wenn wir uns die Folgen des Klimawandels vorstellen. Emotionen seien „Anpassungsreaktionen unseres Körpers auf Reize“, so die Autorinnen.

Methoden, um mit akuten Emotionen umzugehen, seien etwa Bewegung, Bauchatmung oder Aktionismus. „Das ist grundsätzlich erst mal keine schlechte Idee.“ Die Gefahr sei aber, dass wir persönliche Bedürfnisse vernachlässigen und ausbrennen würden. Der Mensch sei schlecht darin, etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen. „Die Psychologie weist immer wieder wissenschaftlich nach, dass wir Menschen eigentlich saudumm sind“, zitieren die Autorinnen die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim. Wir seien eben Menschen mit all unseren Fehlern und verzerrten Denkweisen.

Ein Mangel dieses etwas holprig geschriebenen Buches ist, dass es die Angst von Kindern und Jugendlichen nicht in den Fokus nimmt. Sie aber reagieren besonders sensibel, verarbeiten Gefühle anders als Erwachsene. Zudem verbreitet Klimaangst eher Bedenken, wo es doch ängstliche Menschen ermutigen könnte.

Erklären, verstehen, verändern

Warum machen wir es nicht einfach? Isabella Uhl-Hädicke suggeriert mit die­sem Buchtitel, dass zwischen Erkenntnis und Handlung ein kurzer Weg liegt. Natürlich weiß die Umweltpsychologin, dass es so einfach nicht geht, aber sie will die Schwelle niedrig halten, denn nicht nur der Titel, auch Aufbau und Ansprache richten sich an Laien.

Der Weg zu einem klimakonformen Handeln führe über drei Stationen, die in drei Kapiteln beschrieben werden: erklären, verstehen, verändern. So legt die Autorin etwa dar, wie Wissenschaft funktioniert, weckt Verständnis für die Macht der Gewohnheit und die Widersprüche in unserem Umweltverhalten. Am Ende zeigt sie Wege, wie ein ökologisch vernünftiges Klimahandeln gelingen könnte.

Ausführlich und anhand persönlicher Erfahrung beschreibt Uhl-Hädicke die „kognitive Dissonanz“, das Unwohlsein, das wir verspüren, wenn unser Verhalten unseren Überzeugungen widerspricht.

Den notwendigen Veränderungsprozess erklärt sie mit einem Phasenmodell: Nachdem der Mensch Wissen angesammelt und ein Verständnis für die Problematik entwickelt habe, beginne ein Nachdenken über Handlungsmöglichkeiten und dann eine Entscheidungsphase.

Ein anregendes Buch. Fraglich ist, ob individuelle Verhaltensänderungen allein ausreichend für ein Umsteuern sind. Gut möglich, dass die Kraft im kollektiven Handeln liegt.

Lea Dohm, Felix Peter, Katharina van Bronswijk (Hg.): Climate Action – Psychologie der Klimakrise. Handlungshemmnisse und Handlungsmöglichkeiten. Psychosozial, Gießen 2021, 413 S., € 39,90

Amelie Schomburg, Friederike Schomburg: Klimaangst. Wenn die Klimakrise auf die Psyche schlägt. Komplett-Media, München 2022, 208 S., € 20,–

Isabella Uhl-Hädicke: Warum machen wir es nicht einfach? Die Psychologie der Klimakrise. Molden, Graz 2022, 176 S., € 25,–

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