Gelächter, Stimmengewirr, Löffelklappern. Das Café Einstein in Berlin ist gut besucht, hier sitzt eine bunte Mischung aus Geschäftsleuten, Politikern, Touristen. Ralf Rothmann lässt sich vom Trubel nicht stören, bahnt sich den Weg zum Tisch in der hintersten Ecke des Raumes. Vom ersten Moment des Gesprächs an wirkt der Schriftsteller konzentriert, lauscht den Fragen so andächtig, als beobachte er sein Gegenüber mit den Ohren. Dann sucht er sorgfältig nach Antworten, relativiert Halbsätze und formuliert um, bis er ein sprachliches Bild gefunden hat, das für ihn den Punkt trifft. Man ahnt, warum der mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnete Autor von der Kritik immer wieder für die Präzision seiner Dialoge und für seine poetischen Sprachbilder gelobt wird. Rothmann saugt wörtliche Rede regelrecht auf, achtet auf jedes Detail. Mit dieser Haltung widmet sich der 60-Jährige auch den Figuren seiner Romane, die meist aus dem Arbeitermilieu stammen oder Außenseiter sind. Dass sein Blick auf soziale Randgruppen so genau, unbestechlich und psychologisch fundiert ist, hat auch damit zu tun, dass er selbst in einem Bergarbeiterhaushalt in Oberhausen groß geworden ist, als Maurer und Krankenpflegehelfer arbeitete, bevor er sich mit zwanzig entschloss, Schriftsteller zu werden. Heute lebt Ralf Rothmann zusammen mit seiner Frau, einer Literaturwissenschaftlerin, in Berlin.
PSYCHOLOGIE HEUTE Herr Rothmann, Ihre Romane spielen oft unter Außenseitern, Aussteigern, Arbeitern. Dennoch berühren die milieugeprägten Stoffe Leser aller Schichten. Wie gelingt das?
Ralf Rothmann Wenn ich das so genau wüsste. Sicher sind meine persönlichen Erfahrungen die Basis meiner…
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