Christian Dezelski erzählt:
„Kurz bevor ich in die Schule gekommen bin, ist mein Vater gestorben. Da war dann eh schon ein Knacks in meinem Schulstart. Außerdem hatte ich eine Lese-Rechtschreib-Schwäche. So kam ich bald auf die Förderschule. Wenn ich vorlesen sollte, hab ich immer gedacht: Oh Scheiße, jetzt muss ich es gut machen – und dann hat es erst recht nicht geklappt. Zum Glück wurde meist bald jemand anderes drangenommen. ‚Du bist ein hoffnungsloser Fall‘, sagte eine Lehrerin. Das hat mich ganz schön fertiggemacht.
Wenn man Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben hat, bleiben viele Türen verschlossen. Während meiner Landschaftsgärtnerausbildung saß ich oft verzweifelt im Unterricht, in den Pausen war ich ein Außenseiter, weil ich keine Nachrichten schreiben konnte. Ich hatte kein Smartphone, ich hätte es ja nicht bedienen können. Da fühlte ich mich oft minderwertig. Vor einem Jahr habe ich mich endlich getraut, mein Leben zu ändern, weil ich mich von meinem Mann getrennt und eine neue Arbeit als Hausmeister angefangen habe.
Ich muss dokumentieren, was ich erledigt habe. Ich will mich mit anderen mit dem Handy austauschen können und nicht mehr um Hilfe bitten müssen bei Formularen. Deshalb besuche ich jetzt einen Grundbildungskurs bei der Volkshochschule. Hier ist es nicht schlimm, wenn ich Zeit beim Lesen brauche. Wir haben eine tolle Gemeinschaft und ich mache Fortschritte. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass mehr Leute von solchen Kursen erzählen und zur Teilnahme ermutigen – wer nicht lesen kann, kann sich nicht durch Volkshochschulprogramme klicken.“