1. Öffnen Sie sich für den Körper
Gefühle sind im Körper verankert. Daher führt uns die Wahrnehmung unseres Körpers zu unseren Gefühlen. Oft wirken die Empfindungen zunächst rein körperlich, beispielsweise als Druck, Enge, Unruhe oder Anspannung. Erst wenn wir uns diesen Empfindungen zuwenden, wird langsam wahrnehmbarer, welche Gefühle damit verbunden sein können.
Erkunden Sie zum Beispiel die Anspannung näher: Ist es eine ärgerliche Anspannung? Oder eine Anspannung gegen eine Traurigkeit? Was liegt…
Sie wollen den ganzen Artikel downloaden? Mit der PH+-Flatrate haben Sie unbegrenzten Zugriff auf über 2.000 Artikel. Jetzt bestellen
gegen eine Traurigkeit? Was liegt in der Unruhe? Ist es eine freudige Unruhe oder eine ängstliche?
2. Achten Sie auch auf die kleinen Gefühle
Sehr intensive Gefühle wie Panik oder Wut nehmen wir fast alle wahr, sie drängen sich uns auf und werden begleitet von deutlichen Körpersignalen. Doch die meisten Gefühle sind von leichter oder mittlerer Ausprägung, und auch sie sollten wir erkunden. Stellen Sie sich ab und zu die Frage: Was fühle und erfahre ich gerade?
3. Erst erleben, dann reflektieren
Unsere Gedanken distanzieren uns vom Erleben unserer Gefühle. Sobald wir über unsere Gefühle nachdenken („Wo kommt das Gefühl nur her?“ „Was hat das mit meiner Lebensgeschichte zu tun?“), sind wir schon nicht mehr im Fühlen. Der erste Schritt ist immer das Erleben des Gefühls. Dafür sollte man sich zunächst Zeit geben, bevor man in einen Reflexionsprozess einsteigt.
4. Fahnden Sie nach Auslösern
Viele Ereignisse und Veränderungen lösen natürlicherweise eine emotionale Reaktion aus: Das WLAN funktioniert wieder mal nicht, eine gute Freundin kommt zum Kaffee vorbei, aber der frischgebackene Kuchen ist irgendwie nicht richtig aufgegangen. Die emotionale Reaktion auf solche Situationen nehmen wir oft gar nicht wahr.
Solche Auslösermomente sind aber hilfreich, um den Gefühlen nachzuspüren. Sie können sich etwa am Abend fragen: Was ist heute in meinem Tag passiert und welche Empfindungen hat das ausgelöst?
5. Eruieren Sie Ihre Stimmung
Gefühle sind oft von kurzer Dauer. Die meisten Gefühle sind spätestens nach einigen Minuten wieder verflogen, manche schon nach Sekunden. Stimmungen hingegen sind überdauernder und daher leichter zu erkennen. Fragen Sie sich: „Welche Stimmung ist da gerade? Ist meine Stimmung eher angenehm oder eher unangenehm? Was ist es genau? Vielleicht eine stille Zufriedenheit oder eine Betrübtheit?“ Diese Übung können Sie direkt jetzt ausprobieren. Vielleicht mögen Sie das Lesen dieses Artikels kurz pausieren und sich fragen, welche Stimmung Sie gerade verspüren. Sie können dabei die Augen schließen, da es dann viel leichter ist, die eigenen Empfindungen wahrzunehmen.
6. Wie weichen Sie Gefühlen aus?
In der Regel haben wir verschiedenste bewusste und unbewusste Strategien, um unsere Gefühle nicht fühlen zu müssen. Wenn wir diese Routinen langsam loslassen können, werden Gefühle natürlicherweise wieder wahrnehmbar. Was sind Ihre Lieblingsstrategien, mit denen Sie Gefühlen aus dem Weg gehen? Ablenkung ist sicher die verbreitetste. Essen, viel Arbeiten, soziale Aktivitäten, mental Absorbiertsein kommen auch oft vor. Wenn Sie ihre Lieblingsstrategie herausgefunden haben, können Sie üben, sie zumindest vorübergehend bleiben zu lassen. Welche Gefühlsqualitäten tauchen dann auf?
7. Einfach mal durch den Mund atmen
Auf körperlicher Ebene kann es helfen, durch den Mund statt durch die Nase zu atmen, da wir bei der Mundatmung weniger Kontrolle ausüben und sich Gefühle deshalb leichter zeigen können. Da jedes Gefühl seinen eigenen Atemrhythmus hat, sollten wir den Atemfluss nicht kontrollieren, sondern frei strömen lassen. Ein kontrollierter Atem ist oft schon eine Emotionskontrollstrategie.
8. Schließen Sie die Augen
Zwischendurch mal die Augen zu schließen ist eine sehr gute Hilfestellung, um einen leichteren Zugang zu den Gefühlen zu finden. Gerade die visuellen Reize fordern unser Gehirn sehr und reduzieren die Wahrnehmungsfähigkeit für unsere Gefühle.
Andreas Knuf ist Psychologischer Psychotherapeut mit eigener Praxis. Er ist in der Weiterbildung von Therapeutinnen und Therapeuten tätig und schreibt regelmäßig für Psychologie Heute.
Hier können Sie mehr zum Thema „Gefühle zulassen“ lesen:
Zum Weiterlesen
Andreas Knuf: Ruhe, ihr Quälgeister. Wie wir den Kampf gegen unsere Gefühle beenden können. Arkana, München 2013
Andreas Knuf: Nix wie fühlen! Achtsamer Umgang mit Gefühlen in Beratung, Therapie und Coaching. Arbor, Freiburg 2022