Fünf Dinge, die glückliche Menschen tun

Psychologie nach Zahlen: Von Dankbarkeit bis Selbstkontrolle – manche jagen dem Glück hinterher, andere finden es. Wie das gelingen kann.

Die Illustration zeigt Menschen auf einer Wiese, die nach einem großen Klee greifen, während eine Person verträumt im Gras liegt und einen Klee betrachtet
Wir alle suchen danach, doch nicht alle finden es: Glück. © Till Hafenbrak für Psychologie Heute

Wie gelangen Menschen in einen Zustand der Glückseligkeit? Und was ist Glück überhaupt? Bereits der griechische Philosoph Aristoteles beschäftigte sich mit diesen Fragen. Für ihn war Glück das höchste Ziel im Leben – schließlich streben alle danach, bis heute. Jüngere Forschungen zeigen jedoch, dass Menschen eher Glück erfahren, wenn sie es nicht suchen. Was sie stattdessen tun:

1. Dem Glück Raum lassen

Das übereifrige Streben nach dem Glück kann kontraproduktiv sein. Dies zeigen Untersuchungen mit bis zu 300 Teilnehmern, die Aekyoung Kim von der Universität Sydney zusammen mit ihrem Kollegen Sam Maglio von der Universität Toronto ausgewertet hat. So empfanden jene Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die ihren Emotionen beim Anschauen eines Videofilms freien Lauf ließen, mehr Glück als eine Vergleichsgruppe, die dabei ausdrücklich versuchen sollte, glücklich zu sein. Wie sich herausstellte, hatten Menschen unter dem Druck der Aufgabe, nun auf Anhieb möglichst glücklich sein zu müssen, das Gefühl, dass ihnen die Zeit davonlief. Sie empfanden die verstrichene Zeitspanne kürzer als die Freiwilligen ohne Glücksdruck.

Das Fazit der beiden Forschenden: Ob man Glück erfährt, kommt darauf an, welche Vorstellung man sich davon macht. „Zu oft denken wir, dass Glück ein Zustand der Glückseligkeit ist, in dem wir uns auf der Spitze des Berggipfels befinden – und wir stehen ganz unten.“ Und es scheint dann nur einen Weg zu geben, um glücklich zu werden: noch mehr und noch härter zu arbeiten, damit die Spitze des Berges erklommen werden kann. Doch dies erweise sich oft als Trugschluss. Denn je höher die gesteckten Ziele sind, desto höher ist in der Regel auch der Frust, wenn sie nicht erreicht werden können oder die vermeintlichen Glücksbereiter sich als Illusion erweisen. Denn das Streben nach Glück endet nie, das Hochgefühl ist nie von Dauer.

Zufriedene Menschen lassen ihrem Glück mehr Raum, indem sie den übermäßigen Druck herausnehmen und sich nicht zu viele Gedanken machen. So haben sie gefühlt mehr Zeit und können ihre glücklichen Momente besser wahrnehmen und genießen. Wer dagegen immer nur nach dem großen Glück sucht, fokussiert sich zu sehr auf die Anstrengungen, die damit verbunden sind – und fühlt sich gehetzt und unter Glückszwang.

2. Dankbarkeit empfinden

In einer weiteren Studie von Kim und Maglio sollte ein Teil der Befragten Aktivitäten nennen, die sie verfolgen könnten, um noch glücklicher zu werden. Andere hingegen sollten ex­plizit Dinge beschreiben, die sie bereits zu schätzen wussten. Die Personen in dieser Gruppe, so zeigte sich, konnten nicht nur Dinge nennen, für die sie Dankbarkeit empfanden und über die sie glücklich waren. Sie hatten auch das Gefühl, mehr Zeit zur Verfügung zu haben, was sie im Ergebnis zufriedener machte als die anderen.

Die beiden Forschenden sind überzeugt: „Dankbarkeit und Wertschätzung sind der Schlüssel für mehr Glücksempfinden.“ So fokussierten sich zufriedene Menschen nicht darauf, was sie noch alles tun müssten, sondern akzeptierten und schätzten das Gute in ihrem Leben, was bereits augenblicklich da sei. Das Positive im Leben zu sehen und Dankbarkeit dafür zu empfinden ist ein wichtiger Grund für Zufriedenheit.

3. Soziale Beziehungen pflegen

Erfüllende soziale Beziehungen zu Familienmitgliedern, Freundinnen oder Arbeitskollegen sind für die Stimmung essenziell, wie die amerikanischen Psychologen Ed Diener und Martin Seligman schon vor zwanzig Jahren herausfanden. Sie begleiteten mehr als 200 Studierende ein Semester lang und untersuchten deren Glücksempfinden mit Fragebögen und Tagebucheinträgen. Zudem wurden Freunde oder Kommilitoninnen gebeten, die Stimmungslage der Betreffenden einzuschätzen. Anhand dieser Informationen bildeten Seligman und Diener drei Gruppen: die sehr Glücklichen, die durchschnittlich Glücklichen und die weniger Glücklichen.

Worin unterschieden sie sich? Auffallend war: Die zufriedensten Studentinnen und Studenten verbrachten am wenigsten Zeit allein und pflegten überaus gute soziale Kontakte. Das sahen übereinstimmend sowohl die Betreffenden selbst als auch ihre Kumpels so. Die Unglücklicheren hatten dagegen nicht so befriedigende soziale Beziehungen. In späteren Untersuchungen konnten die Forscher ihre Ergebnisse bekräftigen, ergänzten jedoch, dass für eine hohe Zufriedenheit zudem ein wohlhabendes, glückliches Umfeld mit einer starken sozialen Unterstützung hilfreich sei.

4. Gesund leben für mehr Glück

Britische Forscherinnen haben in einer jüngst veröffentlichten Studie Daten von 40000 Haushalten aus dem Vereinigten Königreich untersucht und dabei einen positiven Zusammenhang zwischen Wohlbefinden und einem gesunden Lebensstil gefunden. So konnte ein kausaler Zusammenhang zwischen Glück und einer obst- und gemüsereichen Ernährung sowie sportlicher Aktivität nachgewiesen werden.

Dabei stellten die Forscherinnen auch Geschlechterunterschiede fest: Männer treiben mehr Sport, während Frauen mehr Obst und Gemüse verzehren, um ihr Wohlbefinden zu steigern. „Wenn ein besserer Lebensstil uns nicht nur gesünder, sondern auch glücklicher macht, dann ist das eine klare Win-win-Situation“, sagt Studienautorin Adelina Gschwandtner von der School of Economics der University of Kent.

5. Gelüsten widerstehen

Die Ergebnisse von Gschwandtner und ihren Kolleginnen zeigen zudem, dass die Fähigkeit zur Selbstkontrolle den eigenen Lebensstil positiv beeinflusst, was wiederum das Wohlbefinden steigert. Wer Belohnungen hinauszögern, also etwa auf Süßigkeiten länger verzichten und seinen Gelüsten widerstehen kann, ernährt sich eher gesund und hat bessere Laune.

Die Kontrolle über die eigenen Gefühle und Gedanken zu erlangen ist darüber hinaus eine Fähigkeit, die Menschen hilft, achtsamer zu sein und die Dinge zu tun, die sie tatsächlich tun wollen. Der bekannte Glücksforscher Mihály Csíkszentmihályi nannte die Fähigkeit zur konzentrierten Selbstkontrolle auch als eine wesentliche Voraussetzung, um in einen Zustand des Flow zu gelangen. So können Menschen es als ein großes Glück empfinden, wenn sie etwa in einer Beschäftigung aufgehen. Die Fähigkeit zur Selbstkontrolle ist dabei eine Grundvoraussetzung, um diesen Bewusstseinszustand zu erreichen.

Quellen

Adelina Gschwandtner u.a.: Lifestyle and life satisfaction: The role of delayed gratification. Journal of Happiness Studies, 23, 2022, 1043–1072

Aekyoung Kim, Sam Maglio: Vanishing time in the pursuit of happiness. Psychonomic Bulletin & Review, 25/4, 2018, 1337–1342

Ed Diener, Martin Seligman: Very happy people. Psychological Science, 13/1, 2002, 81–84

Mihály Csíkszentmihályi: Flow. The Classic Work on How to Achieve Happiness. Random House, London 2002

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