In Leidenschaft verbunden

Fans teilen ihre Passion am liebsten mit anderen. Denn wer Teil eines Fandoms ist, fühlt sich zugehörig, weniger allein – und lebt sogar gesünder

Sherlock Holmes steht in einem Salon, daneben sitzt Dr. Watson und liest in der Zeitung
Zu Besuch bei leidenschaftlichen Sherlock-Holmes-Fans: Das Wohnzimmer ähnelt einer Filmkulisse. © Deutsche Sherlock-Holmes-Gesellschaft

Der Raum wirkt, als würde hier gerade ein Film über das Leben der Oberschicht zu Zeiten von Königin Victoria gedreht: an den Wänden eine bordeaux­rote Tapete mit goldenen Blattornamenten. Auf dem Kaminsims zwei Öllampen; zwischen ­ihnen eine gerahmte Zeichnung, an der eine polierte Meerschaumpfeife lehnt. Direkt gegenüber ein lederbezogener Schaukelstuhl samt Holzbänkchen, der dazu einlädt, die Füße an der Glut zu wärmen.

Eine Hommage an Sherlock Holmes

Der Sekretär an der Wand zeugt von den…

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einlädt, die Füße an der Glut zu wärmen.

Eine Hommage an Sherlock Holmes

Der Sekretär an der Wand zeugt von den naturwissenschaftlichen Interessen seines Besitzers: ein Mikroskop mit Messingtubus; auf der Ablage einige Chemikalienfläschchen nebst einer Waage und Fachliteratur. Eine weiße Büste, auf deren Kopf ein feines Linienmuster aufgezeichnet ist, outet den Eigentümer als Anhänger der Phrenologie – der Lehre, dass sich an der Form des Schädels Charakter und Geistesgaben ablesen lassen. Das alles in so sorgfältig arrangierter Unordnung, dass man meinen könnte, der Bewohner sei gerade erst zur Tür herausspaziert.

Doch die Person, zu deren Ehren das Zimmer eingerichtet wurde, hat nie gelebt: Das detailverliebte Still­leben ist eine Hommage an Sherlock Holmes. „Es ist die Nachbildung seines Wohnzimmers“, erklärt Silvia Glücklich, während sie ein Foto der Einrichtung zeigt. „Wir haben bei uns zu Hause einen ungenutzten Raum exakt so dekoriert, wie es im Sherlock-Holmes-Kanon beschrieben ist – nur für uns, als Liebhaberei.“ Der Kanon: So nennen Fans des Meisterdetektivs die 60 Geschichten aus der Feder Arthur Conan Doyles, welche die bis heute ungebrochene Popularität seines Helden begründeten.

Leidenschaft zusammen ausleben

Silvia Glücklich war elf, als sie die ersten Erzählungen las. Seitdem ist sie Sherlockianerin, genau wie ihre Frau Nicole. Die beiden haben sich durch ihre gemeinsame Leidenschaft kennengelernt und zählen heute zum Vorstand der Deutschen Sherlock-Holmes-Gesellschaft (DSHG). Zusammen mit ihrem Mitstreiter Olaf Maurer geben sie viermal pro Jahr eine Zeitschrift heraus (nach dem Wohnort des Meisterdetektivs Baker Street Chronicle benannt), veröffentlichen Bücher zu dem Holmes-Universum, veranstalten Weihnachtsessen in historischem Ambiente und organisieren Reisen für die Mitglieder, zum Beispiel in das österreichische Feldkirch, wo Arthur Conan Doyle eine Zeitlang zur Schule ging.

Das alles neben ihren eigentlichen Berufen – Silvia Glücklich ist Verlegerin, ihre Frau Nicole Informatikerin – und, wie sie betonen, ohne finanzielle Gewinnabsichten: „Wir wollen einfach schöne Produkte und interessante Events zu Sherlock Holmes anbieten.“ Den Austausch mit Gleichgesinnten empfinden sie als bereichernd. Und damit stehen sie nicht allein: Es gibt Menschen, die gemeinsam dem Harry-Potter-Sport Quidditch frönen und mit einem Besenstiel zwischen den Beinen über den Rasen jagen. Die wöchentlich viele Stunden in Foren verbringen, um über den VW Bulli, Taylor Swift oder die Trainerpolitik von Bayern München zu fachsimpeln. Die also Fan von irgendetwas oder irgendwem sind und ihre Leidenschaft zusammen ausleben. Doch warum tun sie das?

Klar ist, dass man auch für sich im stillen Kämmerlein seinem Interesse nachgehen kann. Silvia Glücklich ist dafür ein gutes Beispiel: „Ich habe meine Begeisterung für Holmes ursprünglich komplett allein verfolgt“, sagt sie. Selbst ohne Kontakt zu Gleichgesinnten wäre sie heute Sherlockianerin, da ist sie sich ganz sicher. „Dennoch hat sich meine Passion durch meinen Eintritt in die DSHG noch einmal deutlich intensiviert.“

Für Kontaktscheue geeignet

Stephen Reysen, Psychologe an der East Texas A&M University, unterscheidet dabei zwei Facetten des Fandaseins: fanship und fandom. Fanship ist ihm zufolge die persönliche Beziehung zu einem Fanobjekt. Fandom bezeichnet dagegen die Gesamtheit aller Fans mit einem bestimmten Interessensgebiet und die Verbindung, die ein Fan zu dieser Community verspürt. Beide Aspekte gehen häufig Hand in Hand: Wer sich für eine Band, einen Fußballverein oder japanische Mangacomics begeistert, ist oft gerne mit anderen Menschen zusammen, die diesen Enthusiasmus teilen.

Der Grund, warum viele ihrer Leidenschaft am liebsten gemeinsam frönen, ist vermutlich tief in der menschlichen Natur verwurzelt: Auf uns allein gestellt, könnten wir uns gegen die vielfältigen Gefahren unserer Umwelt nur unzureichend zur Wehr setzen. Das Bedürfnis, zu einer Gruppe dazuzugehören und zu anderen langfristige positive Verbindungen aufzubauen, hat sich daher im Laufe der Evolution gewissermaßen in unsere Gene eingraviert. Psychologinnen und Psychologen bezeichnen diese Sehnsucht dazuzugehören als need to belong (siehe Kasten). Im Deutschen spricht man auch vom Affiliationsbedürfnis. „Das ist ein ganz grundlegendes psychologisches Motiv, und zwar völlig unabhängig vom Interessensgebiet“, betont Stephen Reysen. Potterheads, Swifties, Fußball-Ultras und Opern-Aficionados ticken ihm zufolge an diesem Punkt also im Grunde gleich.

Menschen mit einem großen Bedürfnis nach Zugehörigkeit identifizieren sich oft besonders stark mit ihrer Fan­community. Sie sehen sie beispielsweise als Möglichkeit, neue Freundschaften zu schließen. Gerade auf kontaktscheue Personen scheint dabei die Begegnung mit Menschen, die ihre Leidenschaft teilen, einen besonderen Reiz auszuüben. In Umfragen geben sie zum Beispiel an, durch die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten in ihrem Selbstwertgefühl gestärkt zu werden und sich akzeptiert zu fühlen. Denn gemeinsame Interessen verbinden: Sie senken das Risiko, ausgeschlossen zu werden. „Wir haben festgestellt, dass sich in manchen Fandoms besonders viele Menschen mit autistischen Persönlichkeitszügen finden“, sagt Reysen. „Wahrscheinlich deshalb, weil diese oft sehr schüchtern sind und sich in sozialen Zusammenhängen schwertun.“

Und draußen: die Uneingeweihten

Der Kontakt zur Community hilft gleichermaßen dabei, sich mit seinem Interessensgebiet nicht allein oder gar unnormal zu fühlen. „Ich habe meine Begeisterung für Holmes ursprünglich sogar vor meinen Mitschülern verborgen“, sagt etwa die Sherlockianerin Silvia Glücklich. „Ich wollte nicht, dass man von mir denkt: Was liest die denn für Schinken aus dem 19. Jahrhundert?“ Die Medienwissenschaftlerin Vera Cuntz-Leng, die sich an der Universität Marburg unter anderem mit Fankunst beschäftigt, ist dieser Sorge schon öfter begegnet: „Es gibt viele Fans, die sich mit ihrer Zuneigung alleingelassen oder gar von ihrer Umgebung stigmatisiert fühlen“, bestätigt sie. „Die Community funktioniert dann wie eine Echokammer: Sie hilft den Betroffenen, sich ihrer selbst zu vergewissern.“

Oft ist es aber schlicht der Wunsch nach Austausch, der Menschen mit einer bestimmten Passion dazu antreibt, sie gemeinsam auszuleben. „Fans saugen sämtliche verfügbaren Informationen über ihr Hobby auf“, betont Harald Lange, Professor für Sportwissenschaft und Fanforscher an der Universität Würzburg. „In einer Gemeinschaft haben sie die Möglichkeit, mehr über ihre Lieblingsmannschaft oder ihr Idol zu erfahren. Dadurch haben sie das Gefühl, dem Objekt ihres Interesses noch näher zu kommen.“ Viele verstehen sich zudem als Expertinnen und Experten: Es macht ihnen Spaß, mit ihren Brüdern und Schwestern im Geiste zu fachsimpeln, egal ob über die Feinheiten der Spieltaktik von Schalke04 oder über private Details aus dem Leben Arthur Conan Doyles. Das kann außerdem zu einem Selbstwert-Boost beitragen: Studien zufolge empfinden sich Fans, die sich in ihrer Community engagieren, oft als kompetenter.

Aus sozialpsychologischer Sicht erfüllt diese Anhäufung von Expertise noch einen anderen Zweck: Sie dient der Abgrenzung gegenüber Uneingeweihten. Die Anhänger sind Connaisseurs, ähnlich wie Liebhaber eines guten Weins. Und diese Kennerschaft ist es (neben der Begeisterung, die sie für ihr Interessensgebiet aufbringen), die sie von anderen unterscheidet. Die Abgrenzung gegenüber Outsidern ist vielen von ihnen wichtig – wir alle wollen auf eine gewisse Weise einzigartig sein. Auf der anderen Seite wollen wir aber auch zu einer Gemeinschaft dazugehören. Ein Fandom erfüllt beide Bedürfnisse zugleich, Abgrenzung und Zugehörigkeit.

Homer Simpson, mein parasozialer Freund

Darüber hinaus wird der Wunsch nach Zugehörigkeit und Nähe noch durch einen weiteren Aspekt gestillt: Wir neigen dazu, zu Personen in den Medien – egal ob es sie wirklich gibt, es sich um Romanfiguren oder Filmcharaktere handelt – ähnliche Beziehungen aufzubauen wie zu echten Menschen. Wenn sie sich freuen oder ärgern, fühlen wir mit ihnen mit; wenn die Autorin oder der Autor sie sterben lässt, trauern wir um sie. Vielleicht vergießen wir sogar ein paar Tränen. In der Fachwelt spricht man von einer parasozialen Beziehung.

So haben Anhängerinnen oft den Eindruck, den Star oder die Figur, für die sie sich interessieren, persönlich zu kennen. In einer Studie zu Taylor Swift sprachen Teilnehmende beispielsweise über ihre Empfindung, mit der Sängerin befreundet zu sein. Der britische Wissenschaftsjournalist Michael Bond hält das keineswegs für ungewöhnlich, wie er in seinem Buch Fans. A Journey into the Psychology of Belonging schreibt. „Wenn Sie Fan von irgendetwas sind, dann sind Sie in einer parasozialen Beziehung. Machen Sie sich keine Sorgen – das ist ganz normal.“

Diese Art von Bindung kann möglicherweise (ähnlich wie auch tatsächliche Beziehungen) ein Stück weit unseren sozialen Hunger stillen. Dank ihr fühlen wir uns weniger einsam. Offenbar sorgt sie ebenso dafür, dass wir nicht so sehr unter Zurückweisungen leiden – wir haben ja schließlich noch unsere parasozialen Freunde. In einer Studie sollten die Versuchspersonen zum Beispiel einen Streit mit einem nahen Menschen beschreiben. Normalerweise drückte das ihre Stimmung; sie fühlten sich abgelehnt und einsam. Dieser Effekt fiel jedoch geringer aus, wenn sie zwischendurch an die Figuren in ihrer Lieblingsfernsehserie dachten.

Fan sein in guten wie in schlechten Tagen

Andererseits kann uns die Begeisterung erst recht durch ein Tal der Tränen führen. „Als Fan bindet man sich langfristig an ein Fanobjekt, und zwar in guten wie in schlechten Tagen“, erklärt Harald Lange von der Universität Würzburg. „Wahre Fußballfans etwa halten auch in der Niederlage zu ihrer Mannschaft. Sie leiden dann mit ihrem Team mit; der Begriff Leidenschaft trifft es daher ziemlich gut. Oft vertieft sich die Bindung dadurch sogar noch.“ Das gilt nicht nur für den Sport: Echte Swifties bleiben ihrem Idol treu, selbst wenn Taylor Swift mal ein schlechteres Album herausbringt. Ebenso wenig lassen sich Simpsons-Liebhaber durch ein paar missglückte Folgen von ihrer Begeisterung für Homer, Marge, Bart, Lisa und Maggie abbringen.

Fans zeichnen sich also durch ihr hohes emotionales Investment aus. Und das trägt wiederum dazu bei, dass sie sich durch das Objekt ihrer Leidenschaft so gut unterhalten fühlen: Wir genießen den Harry-Potter-Film umso mehr, wenn wir uns mit den Hauptfiguren gefühlsmäßig verbunden fühlen; wir fieberten besonders stark mit Roger Federer mit, wenn uns sein Abschneiden etwas bedeutete. Bei manchen wird ihr Hobby darüber gar zur ungesunden Obsession, die keinen Raum für andere Dinge mehr lässt. „Mich haben schon mehrfach besorgte Eltern angerufen und um Rat gefragt“, erinnert sich Harald Lange. „Etwa weil der Sohn nur noch dem Fußballverein hinterhergereist ist und sich ansonsten total isoliert hat. Sogar als die Freundin mit ihm Schluss gemacht hat, hat ihn das nicht gestört – die Liebe zum BVB war einfach größer.“

Doch gerade das gemeinschaftliche Erlebnis hat für ihn vor allem positive Aspekte. So kommen in Fandoms oft Menschen aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten und mit sehr verschiedenen Ansichten zusammen. Das Einzige, was sie verbindet, ist die Leidenschaft für ein bestimmtes ­Interessensgebiet. Im Fußballstadium jubelt die Chefärztin neben dem Arbeitslosen, während der Porschefahrer in die Fangesänge des ökobewegten Lastenradlers einstimmt. „Die teilen ihre Leidenschaft für einen bestimmten Klub, haben aber hinsichtlich ihrer beruflichen, sozialen und persönlichen Bezüge unter Umständen kaum Gemeinsamkeiten“, sagt Professor Harald Lange. „Und dennoch werden sie für kurze Zeit zu einer Gemeinschaft. Fankultur hat deshalb auch eine ganz beachtliche integrative Kraft – das ist es, was mir daran so gefällt.“

Größte literarische Unternehmung der Menschheit

In manchen Communitys gibt es hingegen eine Art „Grundgemeinsamkeit“, die über das Fanobjekt hinausreicht. Nicole Glücklich etwa betont, dass sich Sherlock-Holmes-Begeisterte häufig in anderen Punkten sehr ähneln. „Oft sind sie eher reserviert und schüchtern und haben eine gewisse Begeisterung für naturwissenschaftliche oder technische Zusammenhänge“, sagt sie. Auch Gerhard Huber berichtet von dieser Art der besonderen Verbindung in seinem Fandom. Der 54-Jährige ist von klein auf Anhänger der Science-Fiction-Serie Perry Rhodan, die er als „größte literarische Unternehmung der Menschheit“ bezeichnet: Inzwischen gebe es mehr als 3300 Perry-Rhodan-Bände – mit insgesamt gut 180000 Seiten, die er komplett ge­lesen habe.

Wie Silvia Glücklich frönte er seinem Hobby zunächst mehr oder weniger allein. 2011 stieß er jedoch zum Stammtisch in Mannheim dazu, den er inzwischen mit organisiert. Daneben schreibt er sogar eigene Artikel für die Mitgliederzeitschrift SOL des Vereins Perry-Rhodan-Fanzentrale und besucht regelmäßig Meetings, sogenannte Conventions. „Die fühlen sich ein bisschen so an wie ein Klassentreffen“, sagt er. „Zum Teil kennt man die Leute schon ewig. Man sieht sich zwar zwischendurch mal ein, zwei Jahre nicht. Danach ist es aber, als würde man alte Bekannte wiedersehen.“ Daher sei keineswegs nur die Science-Fiction-Serie beim Stammtisch Thema. „Man unterhält sich über Gott und die Welt, auch über private Dinge – dort geht es freundschaftlich zu, fast familiär.“

Sich für die gleichen Dingen zu begeistern ist also manchmal lediglich der Startpunkt, von dem ausgehend sich mit der Zeit tiefe Freundschaften entwickeln können. Dieses Gefühl einer starken Verbundenheit ist es wahrscheinlich, das für viele der positiven Effekte des Fandaseins verantwortlich ist. So gibt es Hinweise darauf, dass Menschen, die sich mit ihrer Fancommunity identifizieren, mit ihrem Leben zufriedener sind. „Die Forschung zeigt, dass soziale Verbindungen sogar die Resilienz gegen psychische Probleme erhöhen können“, sagt Reysen. Er hält es daher durchaus für empfehlenswert, sich in einem Fandom zu engagieren – und damit Teil eines großen Ganzen zu werden, in Leidenschaft verbunden.

„Fan-Fiction handelt oft von eigenen Erfahrungen“

Frau Dr. Cuntz-Leng, Fans schreiben Romane fort oder erweitern die Harry-Potter-Saga um neue Filme. Was treibt sie dazu an?

Dafür gibt es sicher viele Gründe. Primär ist es das natürliche menschliche Bedürfnis, Geschichten zu erzählen oder weiterzuspinnen. Wir lesen einen Roman und denken: Schade, an dieser Stelle fehlt mir etwas – ich wüsste gerne mehr darüber, wie es mit diesem Handlungsstrang weitergeht. Derartige Leerstellenmomente bringen unsere Fantasie in Stellung: Sie lassen sich leicht mit Wunschbildern und eigenen Bedeutungen füllen. Wir überlegen uns dann vielleicht selbst eine Handlung, und möglicherweise setzen wir uns sogar hin und schreiben sie auf.

Macht man das, um dem Plot eine alternative Wendung zu geben?

Ja, genau. Im Fan-Fiction-Jargon nennt man das einen Fix-it. Viele Literaturschaffende empfinden das übrigens durchaus als übergriffig, wenn Fans sich die Figuren für ihre eigenen Fantasien aneignen.

Ist Fan-Fiction auch eine Möglichkeit, in andere Identitäten zu schlüpfen?

Durchaus, und zwar auf zwei unterschiedlichen Ebenen: Einerseits können sich die Fans selbst in der Rolle einer Autorin ausprobieren. Darüber hinaus thematisieren die Texte oder die Videos oft eigene Erfahrungen, darunter auch problematische wie sexuelle Übergriffe oder den Verlust eines geliebten Menschen. Diese autobiografischen Elemente erleichtern es den Verfassern unter Umständen, ihre eigenen Traumata zu verarbeiten.

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Quellen

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Stephen Reysen u.a.: “Bordering on excess”: perceptions of fan obsession in anime fans, furries, and star wars fans. 2022

Nadzira Zafina, Annapurna Sinha: Celebrity-fan relationship: studying taylor swift and indonesian swifties’ parasocial relationships on social media. Media Asia, 51/4, 2024, 533–547

Michael Bond: Fans. A Journey into the Psychology of Belonging. Pan Macmillan 2023

Stephen Reysen u.a.: Optimal distinctiveness and identification with the furry fandom. Current Psychology, 35/4, 2016, 638–642

Adam Ray u.a.: Psychological needs predict fanship and fandom in anime fans. The Phoenix Papers, 3/1, 2017, 56–68

Stephen Reysen u.a.: Social activities mediate the relation between fandom identification and psychological well-being. Leisure Sciences, 46/5, 2024, 681–701

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Roy F. Baumeister, Mark R. Leary: The need to belong: desire for interpersonal attachments as a fundamental human motivation. Psychological Bulletin, 117/3, 1995, 497–529

Adam Gerace: When tv neighbours become good friends: understanding neighbours fans’ feelings of grief and loss at the end of the series. PLOS ONE, 19/6, 2024

Edward R. Hirt, Joshua J. Clarkson: The Psychology of Fandom: Understanding the Etiology, Motives, and Implications of Fanship. In: Lynn R. Kahle, Angeline G. Close (Hg.): Consumer Behavior Knowledge for Effective Sports and Event Marketing. Routledge 2011, 59–85

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 7/2025: Mit schwierigen Menschen leichter leben