Sieben Tipps der Expertinnen und Experten, um Schüchternheit zu überwinden:
Smalltalk vorbereiten
Der Persönlichkeitspsychologe Jens Asendorpf empfiehlt, sich für Smalltalk-Situationen Themen zurechtzulegen, mit denen man sich wohlfühlt. Auf diese kann man zurückgreifen, wenn man zum Beispiel im Aufzug die Chefin oder den Chef, im Hausflur die Nachbarin oder auf einer Party neue Leute trifft.
Balance zwischen Rückzug und Zwang
Asendorpf rät davon ab, Situationen entweder komplett zu meiden oder krampfhaft…
Sie wollen den ganzen Artikel downloaden? Mit der PH+-Flatrate haben Sie unbegrenzten Zugriff auf über 2.000 Artikel. Jetzt bestellen
Rückzug und Zwang
Asendorpf rät davon ab, Situationen entweder komplett zu meiden oder krampfhaft auszuhalten. Langfristig tue einem der Mittelweg gut. „Man kann bei der Party vorbeischauen, aber man muss nicht bis zum Schluss bleiben. Wenn es keinen Spaß mehr macht, geht man eben nach Hause.“ Um das richtige Maß zu finden, sei es wichtig, seine Bedürfnisse ernst zu nehmen, anstatt sie infrage zu stellen.
Das Selbstbild überdenken
Der US-Psychologe Bernardo Carducci beschreibt in seinem Selbsthilfebuch Erfolgreich schüchtern, wie man das negative Selbstbild durch ein positives ersetzen kann. Dafür sei es nötig, „alles, was Sie über sich und Ihre Schüchternheit glauben, radikal [zu] überprüfen“, schreibt Carducci. Manche Menschen halten sich zum Beispiel für Versager, weil es ihnen schwerfällt, mit Unbekannten zu sprechen. Eine Überzeugung, die sich anzweifeln lässt.
Negative Gedanken durch positive ersetzen
Carducci gibt ein Beispiel für einen Gedanken, der viele Schüchterne im Alltag plagt: Alle hier sehen mir an, wie unwohl ich mich fühle. Die „unglücklich Schüchterne“, wie Carducci sie nennt, hat in jeder Situation das Gefühl, sie müsse sich beweisen. Der „erfolgreich Schüchterne“ hingegen habe eine „realistischere, fairere, nachsichtigere“ Vorstellung von sich selbst. Er denkt etwa: Die meisten Menschen haben nichts gegen mich und sie denken nicht schlecht von mir, wenn ich rot werde, ein bisschen stottere oder nicht sehr schlagfertig bin.
Sich annehmen und danach handeln
Erfolgreich Schüchterne, schreibt Carducci, können mit ihrer Schüchternheit umgehen, weil sie sie akzeptieren. Anstatt zur Party zu gehen, verbringen sie einen Abend im kleinen Kreis. Sie bauen Freundschaften in dem Tempo auf, in dem sie sich wohlfühlen. „Wenn Sie glücklicher leben möchten, müssen Sie nicht Ihre Persönlichkeit umkrempeln, sondern nur andere Entscheidungen fällen.“
Aktiv werden
Ratgeber für Schüchterne lesen sei ein guter erster Schritt, meint Verhaltenstherapeut Jürgen Hoyer. Aber im zweiten Schritt müsse man aktiv werden. „Ohne Mut und Überwindung geht es nicht“, sagt Hoyer. Erst mit Übung und Erfahrung lege sich das unangenehme Gefühl. Je öfter man sich bestimmten Momenten aussetze, desto mehr lasse es nach. Die Situation werde vertraut, weil man sie oft erlebt hat, sagt der Verhaltenstherapeut. So werde eine schüchterne Lehrerin nach 20 Jahren kein Problem mehr damit haben, vor einer Klasse zu stehen.
Kleine Übungen im Alltag
Wer seine Schüchternheit überwinden möchte, sollte sich regelmäßig mit seiner Unsicherheit konfrontieren: im Alltag Fremde anlächeln, bei dem neuen Kollegen auf einen Kaffee vorbeischauen, die Bäckerin fragen, welches Brot sie empfiehlt. Meist fallen die Reaktionen positiver aus als befürchtet.
Hier können Sie mehr über „Schüchternheit“ lesen:
Zum Weiterlesen
Margarete Eisner: Über Schüchternheit. Tiefenpsychologische und anthropologische Aspekte. V&Runipress, Göttingen 2012
Bernardo J. Carducci: Erfolgreich schüchtern. Der Weg zu einem neuen Selbstwertgefühl. Wolfgang Krüger, Frankfurt 2000
Jürgen Hoyer, Samia Härtling: Soziale Angst verstehen und verändern. Springer, Berlin 2016 (2. Auflage)