Keine Angst, die Karriere abzubrechen

Monatelang stand Sängerin Anna Gette, alias "Tygapuss", mit Magenschmerzen auf der Bühne. Bis ihr Körper sie zwang, ihr Leben zu ändern.

Das Foto zeigt die Singer-Songwriterin, Anna Gette alias Tygapuss.
Anna Gette alias Tygapuss ist Singer-Songwriterin. Sie hat hat ihre Angst überwunden und schreibt nun eigene Songs. © Marian Lenhard für Psychologie Heute

Anna Gette erzählt:

„An dem Tag, der mein Leben veränderte, war ich als Backgroundsängerin mit Ina Müller auf Tour. Meine Stimmung war niedergedrückt, ohne dass ich wusste, warum. Als sich unser Bus der Konzerthalle näherte, überkam mich plötzlich ein Zittern, in Todesangst begann ich zu hyperventilieren. Eine Panikattacke, sagte mir der Notarzt und spritzte Beruhigungsmittel.

Als Jugendliche hatte ich mich auf der Bühne ganz leicht gefühlt. Bei den Auftritten mit Ina Müller hatte ich dagegen immer wieder Magenschmerzen. Aber wer will schon nur wegen Wehweh­chen aufgeben? Mit 21 Jahren auf Tour gehen, im Fernsehen goldene Schallplatten bekommen, in Fünf-Sterne-Hotels übernachten – das ist doch der Erfolg, den sich jeder wünscht!

Sich trauen auf den eigenen Körper zu hören

Nach der Panikattacke lag ich zwei, drei Wochen im Bett, war antriebslos und habe viel geheult. Ich hatte Angst, alles zu verlieren – meinen Erfolg, meinen Job, meine finanzielle Absicherung. Aber ich wusste auch: Etwas war in mir geplatzt, das sich nicht mehr unterdrücken ließ. Nie wieder wollte ich eine solche Todesangst spüren. Ich konnte nicht anders, als meinen Job zu kündigen.

Mein Freund hatte auf dem Land Räume für ein Studio gefunden. So zogen wir ins Nirgendwo. Es waren harte Monate, aber die neue körperliche Arbeit in der Gärtnerei tat mir gut, im Studio konnte ich mich musikalisch ausprobieren.

Heute weiß ich: Mein Zusammenbruch war ein wahnsinniges Glück. Dadurch habe ich mich getraut, auf meinen Körper zu hören und eigene Songs zu schreiben. Inzwischen werden sie in zehn Ländern im Radio gespielt und im Fernsehen war ich auch schon.“

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Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 8/2023: Das ewig hilfreiche Kind
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