Mit dreizehn Jahren erleidet sie eine erste Panikattacke – Zittern, Zusammenkrümmen vor Angst, das Gefühl, zu ersticken. Im Versuch, irgendwo Halt zu finden, greift sie nach der Hand des Vaters. „Er hat sie einfach losgelassen. Diese Geste ist ein passendes Symbol für meine ganze Jugend“, sagt Rachel A. Ihr langes pechschwarzes Haar hat die 34-Jährige zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie trägt ein dunkles knielanges Kleid und eine Jeansjacke. Rachel haftet etwas Schneewittchenhaftes an.
Und zugleich etwas Eigenwilliges: mit ihrer souveränen Art zu erzählen, ihren Piercings an Nase und Ohren und einem ornamentalen Tattoo, das ihr Handgelenk ziert. Es ist einer von vielen Orten schmerzlicher Erinnerung. „Während ich weinte, hat meine Mutter mich kalt angesehen und gesagt: ‚Das machst du doch bloß, um Aufmerksamkeit zu bekommen.‘ Nicht gesehen, nicht gehört zu werden war für mich, wie in einen Abgrund gestoßen zu werden. Ich bin dort unzählige Male hinabgestürzt, unzählige Male zerbrochen.“
Noch heute liegt Schmerz in den wachen hellblauen Augen von Rachel, aber auch etwas anderes: ein hohes Maß an Resilienz und Reife. Sie hat es geschafft. Tragfähige Freundschaften, ein guter Job als Pädagogin, die erste eigene Wohnung in einer mitteldeutschen Kleinstadt. Das Ergebnis harter Arbeit in mehreren Therapien. Zuvor, als heranwachsende junge Frau, ist ihr Leben „ein ständiges Drama“.
Dem Leid einen Namen
Rachel kleidet sich im Alltag lasziv, geht mehrmals die Woche feiern, verführt Männer und spielt mit ihnen, macht sich von ihnen abhängig. Sie lässt zu, dass man sie körperlich und emotional misshandelt. Dass man Fotos von ihr macht und im Netz veröffentlicht,…
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