Ab welchem Alter sollten Kinder Smartphones nutzen dürfen?
Schon Kleinkinder sind gebannt, wenn man ihnen ein Smartphone in die Hand drückt. Das Gerät ist für sie allerdings ein schlechter Babysitter. Diesen Schluss lassen eine Reihe von Studien zu. 2023 untersuchte eine Erhebung an etwas mehr als 7000 Kindern in Japan die Folgen des Smartphonegebrauchs. Wenn sie im Alter von einem Jahr ein bis vier Stunden täglich vor einem Bildschirm verbrachten, entwickelten sich ihre Sprache, die Feinmotorik, aber auch…
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täglich vor einem Bildschirm verbrachten, entwickelten sich ihre Sprache, die Feinmotorik, aber auch die sozialen Fähigkeiten deutlich verzögert. Im Alter von zwei Jahren waren sie gegenüber anderen Kindern zurückgefallen.
Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und verschiedene Fachgesellschaften haben deshalb die Lösung „Bildschirmfrei bis drei“ ausgegeben. Kleinere Kinder sollten weder vor einen Monitor gesetzt werden noch zuschauen, während ihre Eltern am Smartphone Filme gucken. Dieser Rat beruht auch auf der Erkenntnis, dass das Gehirn von Kleinkindern Experimenten zufolge noch nicht so weit ausgereift ist, dass es bewegte Bilder richtig erfassen kann. „In den wenigen Stunden, in denen Kleinkinder wach und aufnahmebereit sind, sollte man sie die Welt sinnlich und nicht digital erfahren lassen“, rät David Martin, Mediziner an der Universität Witten/Herdecke, der sich mit den psychischen Auswirkungen des Medienkonsums befasst.
Nicht ganz so strikt sieht das indes die Weltgesundheitsorganisation (WHO): Lediglich unterhalb von zwei Jahren sollten Kinder von digitalen Medien ferngehalten werden. Danach und bis zum vierten Geburtstag findet die WHO eine Stunde pro Tag unbedenklich.
Wie viel Smartphonezeit sollten wir unserem Kind ermöglichen?
Starre Vorgaben gibt es nicht und auch noch wenig Forschung dazu, welches Pensum das beste ist. Empfohlen wird in der deutschen Leitlinie zum Schutz vor einem dysregulierten Medienkonsum eine Staffelung nach Alter: Zwischen drei und sechs Jahren sollten die Kinder höchstens eine halbe Stunde an einzelnen Tagen vor einem Bildschirm sitzen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um einen Laptop oder ein Handy handelt – die Zeiten gelten in Summe. Von dem sechsten bis neunten Lebensjahr könnte das Pensum auf 45 Minuten an einzelnen Tagen erhöht werden. Zwischen neun und zwölf sollten Heranwachsende allenfalls eine Stunde am Tag am Smartphone, vor dem Fernsehgerät oder an der Spielekonsole verbringen. Bei Jugendlichen in höherem Alter dürften es bis zu zwei Stunden in ihrer Freizeit sein. Dieses letztgenannte Limit lässt sich zumindest mit Studien unterfüttern: Bei bis zu zwei Stunden täglich sind keine oder kaum nachteilige Effekte auf die Psyche zu erwarten.
Wann sollten wir unserem Kind ein eigenes Gerät kaufen?
Wissenschaftliche Antworten auf diese Frage gibt es nicht, wohl aber Empfehlungen aus Fachkreisen: Die Autorinnen und Autoren der Leitlinie zum Schutz vor übermäßigem Medienkonsum empfehlen ein eigenes Smartphone erst nach dem zwölften Geburtstag. Über die Initiative ins-netz-gehen.de rät die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung frühestens ab neun Jahren, besser ab zwölf Jahren zum eigenen Gerät. Tatsächlich haben 96 Prozent aller Jugendlichen im Alter von zwölf bis dreizehn Jahren bereits ein eigenes Smartphone. Befragungen deuten darauf hin, dass Kinder immer früher online sind, wie der Branchenverband Bitkom erhoben hat. Die Elterninitiative „Smarter Start ab 14“ empfiehlt gegen diesen Trend, Jugendliche erst ab vierzehn mit einem eigenen Smartphone auszustatten, und weiß mit diesem Limit den US-Psychologen Jonathan Haidt hinter sich.
Unser Kind ist in der Grundschule und wünscht sich ein Smartphone. Wie sollen wir mit diesem Wunsch umgehen?
Der Wunsch ist ziemlich normal: Viele Kinder hoffen bereits im Grundschulalter auf ein eigenes Smartphone. Sobald die ersten Gleichaltrigen damit auftauchen, hat es den Nimbus der Eintrittskarte in eine reizvolle eigene Welt.
Eltern sollten ihrem Kind ihre eigene Haltung und die Expertenempfehlungen erklären, findet David Martin, einer der Autoren der erwähnten Leitlinie. Auch knappes Geld ist im Übrigen ein legitimer Grund, den Smartphonekauf noch aufzuschieben. Hilfreich kann sein, mit dem Kind gemeinsam zu besprechen, wann es ein Gerät erhalten wird. Ein Kompromiss besteht darin, das Kind am Gerät der Eltern an die digitale Welt heranzuführen und dabei die Räume, in denen das Kind von den Eltern begleitet wird, allmählich auszudehnen. Einige kaufen ihren Sprösslingen als Brückentechnologie ein Notfallhandy, das sich nicht mit dem Internet verbinden kann.


Unser Kind wird ausgegrenzt, weil es kein Smartphone hat. Was tun?
Sollte das Kind ausgeschlossen sein, weil es noch kein Smartphone besitzt, ist es einerseits wichtig, dass die Eltern die genauen Situationen kennen, in denen das passiert, und sich einen Eindruck verschaffen, wie belastend dieser Ausschluss für ihr Kind ist. Grundsätzlich – und auch wenn sie schließlich doch ein Smartphone kaufen – sollten sie ihr Kind darin bestärken, dass sein Wert als Mensch nicht vom Besitz eines Gerätes abhängt, findet Coachin Verena Müller, die an Schulen zum Medienkonsum berät.
In einem Forum schilderte eine Mutter im Jahr 2023, dass ein Kind einer 5. Klasse von Geburtstagseinladungen und Hausaufgabengruppen per WhatsApp (dessen Nutzung damals eigentlich erst ab sechzehn Jahren erlaubt war) ausgeschlossen gewesen sei, weil es als einziges Kind kein Handy besaß. Das muss nicht so sein und hängt stark von der Elternschaft ab: In einer 5. Klasse des Berliner Rosa-Luxemburg-Gymnasiums hat aktuell nur etwa die Hälfte der Kinder ein Smartphone, alle anderen lediglich Notruftelefone, wie bei einer Schulveranstaltung bekannt wurde.
Sollten Eltern wohlüberlegte Gründe haben, ihrem Kind noch kein Smartphone zu kaufen, können sie in einigen Fällen – etwa mit Bezug auf Geburtstagseinladungen – über die Elternsprecherinnen anregen, dass ihre eigenen Rufnummern genutzt werden. Und sie können darüber informieren, dass die WhatsApp-Nutzung unter dreizehn Jahren unzulässig ist.
Ab welchem Alter sind die verschiedenen sozialen Medien erlaubt?
Am beliebtesten bei den sozialen Medien ist WhatsApp. Der Dienst dominiert in allen Altersgruppen zwischen zehn und achtzehn Jahren. Ab etwa zwölf Jahren kommen zusätzlich Instagram und Snapchat hinzu. Was aber selbst vielen Erwachsenen nicht klar ist: Alle diese Dienste haben Altersbeschränkungen. Darauf müssen Eltern ihre Kinder hinweisen, fordert Coachin Verena Müller, die regelmäßig Schülerinnen, Eltern und Lehrkräfte zum Medienkonsum und den Risiken des Cybermobbings berät. Wie inzwischen bei WhatsApp liegt das Mindestalter für TikTok, YouTube, Snapchat und Instagram bei dreizehn Jahren. Eltern haften wie in der realen Welt auch hier für ihre Kinder, weshalb sie im Gespräch bleiben sollten, was diese digital bewegt.
Was können wir tun, wenn es Streit ums Abschalten gibt?
Das Smartphone beiseitezulegen fällt auch den meisten Erwachsenen schwer. Wie soll es da Kindern leicht von der Hand gehen? Die Entwicklungsneurologin Ulrike Gaiser hat sich am Kinderzentrum Maulbronn auf die Beratung smartphoneabhängiger Kinder spezialisiert und berichtet: „Viele Eltern sagen mir: Ich weiß ja, dass so viel Smartphone oder Tablet schlecht für mein Kind ist. Aber mein Kind akzeptiert es nicht, wenn ich ihm das Gerät wegnehme.“ Ulrike Gaiser erarbeitet mit den Eltern Regeln, wann es Handyzeiten gibt und wann smartphonefreie Zeiten sind. „Wir machen nie einen kalten Entzug. Ein Kind, das vorher acht Stunden am Tag online war – und solche Fälle haben wir hier in der Beratung –, kann man nicht auf eine Stunde täglich herunterbringen. Es muss Stück für Stück weniger werden.“
Ein festes Tageslimit und das Erfassen der tatsächlichen Bildschirmzeit eignen sich, um den Bildschirmkonsum nicht aus dem Ruder laufen zu lassen. Bewährt hat sich aber auch, das Internet nicht starr nach einer vorgegebenen Zeit abzuschalten, sondern geringfügige tägliche Überschreitungen bei einem allerdings fixen Wochenpensum hinzunehmen. Schließlich lassen sich viele Internetnutzungen von der Lern-App bis zum Videoschauen nicht von jetzt auf gleich beenden.
Gaisers Erfahrung nach ist der erste Verzicht der härteste. Im Laufe der Zeit, wenn die gemeinsam erarbeiteten Regeln konsequent eingehalten werden, werde es leichter, und die Kinder verlangten das Gerät auch weniger. Wichtig sei, klarzumachen, dass es nicht um ein Wegnehmen geht, sondern um eine begrenzte Nutzung, bei der die Kinder mit der Zeit lernen, ihren eigenen Umgang mit dem Gerät zu kontrollieren: Schließlich soll nicht die Techindustrie ihren Alltag diktieren, sondern sie sollen selbstbestimmt abschalten können.
Welche Regeln der Mediennutzung haben sich bewährt?
Am Smartphone verfliegt die Zeit schneller, als man denkt. Schulsozialarbeiterinnen empfehlen deshalb, für Kinder und Jugendliche eine Tracking-App zu aktivieren, die erfasst, wie lange sie online sind. Zugleich sollten Eltern mit ihren Kindern besprechen und festlegen, welche Mediennutzungszeiten sie angemessen finden, und gemeinsam schauen, ob es gelingt, sich an das gesetzte Maß zu halten. „Die Mediennutzung sollte möglichst auch nicht negativ oder positiv aufgeladen werden, indem Smartphoneverbote eine Bestrafung darstellen oder Extraspielzeiten eine Belohnung“, rät die Psychologin Avelina Lovis Schmidt von der Technischen Universität Chemnitz.
Wichtig sind auch bewusste smartphonefreie Zeiten: Während des Essens und vor dem Schlafengehen sollten alle Familienmitglieder ihr Gerät wegräumen, damit es Gelegenheiten zum Gespräch ohne digitale Störenfriede gibt. Das gilt auch für die Eltern, denn Kinder lernen primär durch Nachahmung, betont Lovis Schmidt. Vor dem Zubettgehen besteht am Smartphone die Gefahr, dass Nutzer in den Endlosschleifen der Clips hängenbleiben und dann nicht gut in den Schlaf finden.
Und weil das Schwierigste das Abschalten bleibt, empfiehlt es sich, auch gerade das regelmäßig zu üben: es zu einer Routine werden zu lassen, das Smartphone sofort beiseitezulegen, wenn im Familienleben etwas passiert – jemand anfängt zu kochen, sich ein Gespräch entwickelt oder jemand zu Besuch kommt.
Woran erkennen wir, dass unser Kind eine problematische Mediennutzung entwickelt?
Nicht jede Mediennutzung ist gleich ein Problem, im Gegenteil: Digitale Medien sind ein Alltagswerkzeug, das notwendig ist, um sich zu informieren, zu kommunizieren oder sich in einer Stadt zu orientieren – wie einst mit dem Stadtplan in der Hand.
Eine Gefahr besteht jedoch dadurch, dass das Gerät sehr viele unterschiedliche Bedürfnisse befriedigt, nicht nur unseren Wissensdurst, sondern auch die Lust auf Spiel und Spaß über Unterhaltung und Games. So kann das Smartphone den Menschen vereinnahmen. Es kann zu einer Abhängigkeit und zu einem übermäßigen Gebrauch des Gerätes kommen. Die Anzeichen dafür sind: Das Kind kann sich kaum noch von dem Gerät losreißen, hat es vielleicht sogar auf dem Schulweg oder beim Besuch der Freundin vor der Nase. Zu anderen Aktivitäten lässt es sich nicht mehr motivieren. Nur noch die Welt im Smartphone weckt Interesse. Wenn das Kind das Gerät nicht nutzen darf, ist es frustriert und reagiert ärgerlich. Zugleich werden die Zeiten, die es online zubringt, immer länger. Bei derart problematischer Nutzung leiden in der Regel auch die schulischen Leistungen.
Welche Risiken sind zu bedenken, wenn Kinder online unterwegs sind?
Viele Eltern kaufen das erste Smartphone für ihr Kind auch aus einem Motiv der Sicherheit heraus: Mit dem Gerät kann es von unterwegs anrufen, wenn etwas passiert, so der Gedanke. Außerdem können Eltern via Tracking herausfinden, wo sich Sohn oder Tochter aufhalten, wenn sie nicht pünktlich heimkommen.
Doch mit der Eintrittskarte in die digitale Welt lauern auch neue Gefahren, über die Schulsozialarbeiter regelmäßig informieren müssen: „Beim Schauen von Filmen sind Kinder in wenigen Klicks bei nicht altersgerechten gewaltverherrlichenden Inhalten wie etwa der Horrorfilmreihe Saw oder bei pornografischen Darstellungen“, warnt Gaiser.
„Eine andere Gefahr besteht insbesondere für Mädchen, wenn sie in den sozialen Medien von vermeintlich gleichaltrigen Loverboys umgarnt werden“, so die Psychologin Sabrina Krauss von der University of Applied Sciences Heidelberg. Später stellen diese Männer sich als erwachsene Betrüger und Missbrauchstäter heraus, die die Mädchen ausnutzen oder gar zur Prostitution zwingen. Diese sexuelle Anbahnung kommt so häufig vor, dass sie als Cybergrooming bezeichnet wird und als Straftat zur Anzeige gebracht werden kann. Der Kontakt zu Fremden ist in der digitalen Welt genauso bedenklich wie auf der Straße.
Wie können wir mit unseren Kindern über ihre digitalen Erfahrungen ins Gespräch kommen?
Jüngere Kinder erzählen oft selbst von bewegenden Begebenheiten im Netz oder von digitalen Erfahrungen ihrer Freunde. Eltern sollten bei diesen Gelegenheiten genau zuhören, was sich zugetragen hat, und die Ereignisse mit ihrem Kind besprechen. Sie können auch von eigenen Erfahrungen berichten. Am konkreten Erleben lässt sich besonders eindrücklich auf sowohl vorbildliches Digitalverhalten wie auch auf Risiken aufmerksam machen. Wenn Eltern ein festes Ritual für gemeinsame Gespräche haben, etwa abends vor dem Zubettgehen, oder regelmäßig einen Familienrat abhalten, kann auch bei diesen Anlässen nach digitalen Erlebnissen gefragt werden. Es ist wichtig, das Internet nicht nur als Gefahrenzone zum Thema zu machen, sondern auch als Ort, sich zu informieren, zu orientieren und zu kommunizieren.
Wie viel Sicherheit bieten Kinder- und Jugendschutz-Apps und ein eingeschränkter Internetzugang?
Befragungen zufolge setzen zwei Drittel der Eltern nicht auf die Möglichkeiten des technischen Jugend- und Kinderschutzes. Fachleute raten jedoch dazu. Entsprechende Kindersicherungs-Apps und -Programme blockieren nichtjugendfreie Inhalte. Sie sollen auch vor Gewalt, Pornografie, Waffenshops und nicht altersgerechten Spielen schützen. Dafür können die Eltern den Internetzugang entsprechend dem Alter über die Software einschränken. Sie können sich protokollieren lassen, auf welchen Websites ihr Kind unterwegs war. Auch die maximale Nutzungszeit lässt sich mithilfe der Programme begrenzen. Doch einige der oft kostenpflichtigen Werkzeuge greifen auch in den Datenschutz ein, wie die Stiftung Warentest bei einer Prüfung von neun unterschiedlichen Programmen feststellte. Bei Wondershare FamiSafe können Eltern Chatverläufe mitlesen, die Wege der Kinder überwachen und Fotos kontrollieren. Das fand die Stiftung zu viel des Guten.
So oder so ersetzen die Hilfsmittel aber nicht, dass in der Familie über die digitalen Erlebnisse gesprochen wird. Dabei gilt: Je jünger das Kind, desto genauer sollten die Eltern Bescheid wissen, was es gerade am Gerät macht. Wenn die Nutzung von sozialen Medien noch neu ist, kann man besprechen, dass die Eltern einmal wöchentlich oder stichprobenartig in den Chatverlauf schauen. Sie sollten auch erklären, warum die Kinder in Chats niemanden beleidigen und beschimpfen dürfen. Nach und nach könne man diese Aufsicht dann ausdünnen, wenn das Kind zeigt, dass es verantwortungsvoll damit umgeht, sagt Beraterin Verena Müller. Ein vertrauensvolles Verhältnis sei wichtiger als übertriebene Kontrolle.
Was ist bei Kindern zu beachten, die psychisch erkrankt sind?
Kinder, die zu Depressionen neigen oder auch eine ADHS-Diagnose gestellt bekommen haben, sollten weder von Medien ausgeschlossen noch ihnen übermäßig ausgesetzt werden, erklärt Entwicklungsneurologin Gaiser. Sie sind generell deutlich gefährdeter als andere, da Smartphone und Tablet sie übermäßig in ihren Bann schlagen. Bisherige Ratgeber betonen die herausragende Rolle der digitalen Erziehung bei diesen Kindern. Die Heranwachsenden sollten darin unterstützt werden, nicht in der Onlinewelt zu versinken. Erfüllende andere Freizeitaktivitäten schaffen einen natürlichen Ausgleich. Neben gemeinsamen Regeln zur Mediennutzung sind gute Beziehungen in der Familie ein wichtiger Schutzfaktor, damit die Kinder über ihre digitalen Erfahrungen berichten und um Rat fragen können.
Anders verhält es sich bei autistischen Kindern. Bei ihnen werden digitale Geräte oft gezielt bei Interventionen eingesetzt, um ihnen eine Brücke aus ihrer eigenen Welt zu bauen. Die Kontaktaufnahme über ein Gerät ist für sie häufig leichter, als einer Person von Angesicht zu Angesicht gegenüberzutreten.
Nichtsdestotrotz warnte der Hirnforscher Manfred Spitzer im Jahr 2023 ausdrücklich davor, autistische Kinder pauschal vor Bildschirme zu setzen. Das könne autistische Züge regelrecht verstärken oder sogar erst hervorbringen. Für dieses Phänomen hat der rumänische Psychologe Marius Zamfir vor wenigen Jahren den Begriff des virtuellen Autismus geprägt. Dadurch, dass Vielnutzerinnen und -nutzer kaum noch echte Begegnungen mit anderen Menschen pflegten, verkümmerten ihre sozialen Fähigkeiten noch weiter. Der unmittelbare zwischenmenschliche Kontakt sei aber für alle Kinder für ihre gesunde Entwicklung zentral.
Wie schädlich ist das Smartphone für Kinder und Jugendliche? Mehr zum aktuellen Wissensstand unter: psychologie-heute.de/smartphone-forschung
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Quellen
Ippei Takahashi, Taku Obara u.a.: Screen Time at Age 1 Year and Communication and Problem-Solving Developmental Delay at 2 and 4 Years. In: JAMA Pediatrics, 2023, DOI:10.1001/jamapediatrics.2023.3057
Jong Ho Cha, Young-Jin Choi u.a.: Association between smartphone usage and health outcomes of adolescents: A propensity analysis using the Korea youth risk behavior survey. In: Plos On, 2023, DOI: 10.1371/journal.pone.0294553
Darnisha Ragupathi, Normala Ibrahim u. a.: Relations of Bedtime Mobile Phone Use to Cognitive Functioning, Academic Performance, and Sleep Quality in Undergraduate Students. In: International Journal of Environmental Research and Public Health, 2020, DOI: 10.3390/ijerph17197131
Sebastian Scherr, Anne Bartsch: Pathologische Mediennutzung. Von Internetsucht bis Binge-Watching. In: Handbuch der Gesundheitskommunikation, 2019, 281-292
ADHS Deutschland e. V.: ADHS und Mediennutzung. Was können Eltern tun? In: neue Akzente, 2021, 4-7