Das letzte Drittel der Genesung

Der Beinbruch fast verheilt, die Burnout-Reha abgeschlossen: Also legen wir wieder los! Und verpassen die entscheidende Phase, in der wir daraus lernen.

Die Illustration zeigt eine Frau liegt krank im Bett, die mit einem Auge auf die kleine Frau am Bildschirmarbeitsplatz schaut, die auf ihrem Kopf ist
Eigentlich sollte sie sich erholen, doch in Gedanken ist sie schon wieder auf der Arbeit. Das schadet der Genesung. © Sabine Kranz für Psychologie Heute

„Kurier dich erst mal richtig aus.“ „Nehmen Sie sich alle Zeit, die Sie brauchen. Wenn Sie wieder fit sind, sprechen wir darüber, wie es weitergeht.“ Diese Sätze, ausgesprochen von Familienangehörigen, Freunden, Vorgesetzten, klingen mitfühlend und ermutigend: nach der Erlaubnis, die eigene Genesung in den Mittelpunkt zu stellen und sich ausreichend Zeit dafür zu nehmen. Doch es schwingen auch subtile, unausgesprochene Aufforderungen mit: „Sieh zu, dass du schnell wieder auf dem Damm bist.“ „Kehren Sie…

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unausgesprochene Aufforderungen mit: „Sieh zu, dass du schnell wieder auf dem Damm bist.“ „Kehren Sie erst an Ihren Arbeitsplatz zurück, wenn Sie wieder auf hundert Prozent sind. Aber es wäre gut, wenn Sie das bis Ende November schaffen.“

Wer wegen einer Erkrankung länger ausfällt, gerät unweigerlich in ein Spannungsfeld zwischen Mitgefühl und Druck. Eine Erkrankung macht verletzlich, weckt Ängste und den Wunsch, sich auszuruhen, wieder zu Kräften zu kommen, vielleicht auch, sich neu zu sortieren, etwas am Lebensstil zu verändern. Gleichzeitig ist da das schlechte Gewissen, schnell wieder funktionieren zu müssen, die eigenen Erwartungen und die der anderen zu erfüllen. Bei einem grippalen Infekt lautet ein bekanntes Sprichwort: „Drei Tage kommt er, drei Tage bleibt er, drei Tage geht er.“ Doch was ist mit Erkrankungen, die länger dauern?

Nach dem britischen Arzt und Autor Gavin Francis müssen wir die Kunst der Rekonvaleszenz wieder neu lernen. Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet: wieder stark, wieder kräftig werden. In seinem Buch Recovery. The Lost Art of Convalescence kritisiert Francis, dass es dem modernen Leben zuwiderläuft, sich Zeit für die Genesung zu nehmen. Nach einer Infektion, einer Operation oder einer Panikattacke hätten Patientinnen und Patienten zunehmend das Gefühl, dass sie eine Erlaubnis zur Erholung brauchen. Obwohl die Reparatur- und Regenerationsvorgänge im Körper spürbar viel Energie kosten und Genesende sich deshalb oft noch lange schlapp und schnell überfordert fühlen. „Die meisten betrachten die Rekonvaleszenz nicht als Chance zur Heilung, sondern als etwas, das man hinter sich bringen muss“, schreibt Francis.

Der Druck, wieder funktionieren zu müssen

So erging es auch Sinja Schmitt (Name geändert), Abteilungsleiterin in einem mittelständischen Unternehmen. Erst tat die 56-Jährige alles, um die Warnsignale zu ignorieren: Schlafstörungen, Panikattacken, Konzentrationsprobleme. „Ich dachte, ich kann jetzt nicht schlappmachen, ich muss doch noch alles für die Eröffnung des neuen Standorts vorbereiten. Außerdem wollte ich nicht, dass mein Chef mitkriegt, wie es mir wirklich geht.“ Dann ließ sie sich doch auf dringenden Rat ihres Hausarztes krankschreiben und führte ein Gespräch mit ihrem Vorgesetzten. Der reagierte verständnisvoll und riet ihr, sich Zeit zu nehmen. Sie war erleichtert. Doch sobald sie wieder etwas mehr Energie spürte, setzte sie sich unter Druck, so schnell wie möglich wieder in Vollzeit zurückzukehren. Gegen ärztlichen Rat.

Diese weitverbreitete, auf Effizienz orientierte Haltung, meint Gavin Francis, gefährde den Heilungsprozess. Denn das letzte Drittel der Genesung ist entscheidend: Wer sich zu früh zu viel zumutet, riskiert einen Rückfall und braucht dann eher länger, um wieder auf den Damm zu kommen.

„Viele von uns kehren mit halber Kraft in den Alltag zurück und vernachlässigen den Schlaf, die Auszeit oder die Nachsorge, die uns helfen könnte, um wieder ganz gesund zu werden“, bestätigt der amerikanische Arzt Dhruv Khullar, Assistenzprofessor für Gesundheitspolitik und -ökonomie am Weill Cornell Medical College in New York, in einem Artikel im Magazin New Yorker. Als er selbst unter starken Schmerzen litt, bot ihm ein Kollege an, seine Schichten im Krankenhaus zu übernehmen. Doch dann plagte ihn das schlechte Gewissen, andere zu belasten. Er schleppte sich mit zusammengebissenen Zähnen zurück zur Arbeit. Inzwischen bezeichnet er seine überstürzte Rückkehr als gesundheitsgefährdend. In seiner Ausbildung habe er unzählige Stunden Unterricht über die Entstehung und Physiologie von Krankheiten bekommen, aber nur eine Handvoll Vorlesungen darüber, wie man Menschen hilft, sich wieder zu erholen.

„Wir müssen lernen, Rekonvaleszenz nicht als verlorene Zeit zu betrachten, sondern als einen sinnvollen Teil unseres Lebens“, schreibt Khullar in seinem Artikel. Die Tendenz, das letzte Drittel zu überspringen, zeigt sich auch bei schweren Erkrankungen. 80 Prozent der Herzpatienten in den USA, führt er an, lassen Rehabilitationsprozesse ausfallen, obwohl sich diese nachweislich positiv auf ihre Gesundheit auswirken würden.

Neue Strategien sind gefragt

Dass das letzte Drittel des Heilungsprozesses entscheidend ist, gilt für ein gebrochenes Bein genauso wie für eine Depression. Gleichzeitig gibt es bedeutsame Unterschiede:

  1. Die Kriterien, wann jemand wieder als genesen gilt, sind bei einer psychischen Erkrankung weniger eindeutig. Rückfälle gehören zum Prozess der Rekonvaleszenz dazu.

  2. Neue Strategien zu entwickeln, um im Alltag mit Panikattacken, Antriebsstörungen, Grübelattacken und Energiemangel umzugehen, ist wesentlich herausfordernder, als beispielsweise nach einem Bandscheibenvorfall ein neues Bewegungsmuster zu lernen.

  3. Psychische Erkrankungen sind gesellschaftlich nach wie vor weit weniger akzeptiert als Infekte oder beispielsweise eine Krebserkrankung. Dadurch lastet mehr Druck auf den Betroffenen, schnell in den Alltag zurückzukehren.

Wann ein gebrochenes Bein wieder heil ist, lässt sich relativ genau bestimmen. Im Idealfall sieht auf dem Röntgenbild alles wieder genauso aus wie vorher. „Wann sich jemand von einer Depression, einer Angsterkrankung oder einem Burnout erholt hat, ist nicht mit einer einfachen Checkliste zu beantworten“, sagt Sven Steffes-Holländer, Facharzt für psychosomatische Medizin und Psychotherapie und Chefarzt der Heiligenfeld-Klinik Berlin. Ein zentraler Punkt sei natürlich die Symptomlinderung. Spürt jemand nach einer Depression wieder mehr Antrieb, Energie und Interesse? Werden bei einer Angsterkrankung Panikattacken seltener und weniger intensiv? Fühlt sich jemand nach einem Burnout wieder vital und leistungsfähig.

Zeit finden – aber wie?

Auch wenn das Thema „letztes Drittel der Genesung“ weder in der Fachliteratur noch in der medizinischen Ausbildung eine besondere Rolle spielt, so hat es doch in der klinischen Behandlung von psychischen Krisen einen hohen Stellenwert und einen markierten Rahmen. „Wir nennen das letzte Drittel Transferphase. In diesen zwei Wochen arbeiten wir mit den Patientinnen und Patienten daran, wie sie das, was sie in der Therapie gelernt haben, in ihren Alltag integrieren“, erklärt Steffes-Holländer. Wichtig sei, konkrete, alltagstaugliche Strategien zu entwickeln. Was mache ich, wenn doch wieder eine Panikattacke auftritt? Wie gehe ich damit um, wenn ich mich zu Hause zu nichts aufraffen kann? Welche Lebensstilveränderungen helfen mir, mich stabil zu fühlen?

Der Übergang in den Alltag ist immer herausfordernd. In der Klinik gibt es einen Wochenbehandlungsplan: Gruppentherapie, Einzelgespräche, Sport, künstlerisch-kreative Angebote, regelmäßige Mahlzeiten. Die Zeit ist durchstrukturiert. Das gibt Sicherheit und Halt. Zu Hause fallen viele erstmal in ein Loch. Sie müssen lernen, sich selbst zu den Aktivitäten zu motivieren, die ihnen in der Klinik gutgetan haben. Und dann sind da noch die Ansprüche der anderen, die finden, es müsse jetzt mal gut sein mit dem Schonprogramm.

„Es ist völlig normal, dass in der Umgebung ambivalente Gefühle entstehen“, weiß Sven Steffes-Holländer. Häufig bekämen Betroffene vom Partner oder der Partnerin zu hören: „Du warst doch jetzt sechs Wochen in der Klinik. Du hattest Zeit, dich zu erholen, während wir hier den Laden geschmissen haben. Jetzt übernimm bitte wieder deine Aufgaben.“ So verständlich es ist, dass Angehörige oder Arbeitskolleginnen, die viel geschultert haben, sich wieder Entlastung wünschen: Druck von außen erschwert den Erholungsprozess.

Das gilt auch für inneren Druck. Die Erwartung, zu einem bestimmten Datum im Job wieder voll zur Verfügung zu stehen, kann Stress auslösen und die mühsam gewonnene Stabilität wieder gefährden. Denn psychische Erkrankungen und Krisen lassen sich nicht in ein festes zeitliches Raster pressen. Sie entwickeln sich in der Regel über einen längeren Zeitraum. Genauso schleichend, wie die Symptome anfangs entstehen, bilden sie sich auch wieder zurück. Eine Depression oder eine Angsterkrankung verschwindet nicht einfach auf Nimmerwiedersehen an einem Tag X. Der Faktor Zeit spielt eine große Rolle. Und hier kommt die gesellschaftliche Akzeptanz ins Spiel: Wer unter einer Erkrankung leidet, die eher stigmatisiert wird, möchte seine Symptome oft verbergen und so schnell wie möglich wieder fit sein.

„Ist jemand beispielsweise an Leukämie erkrankt, gibt es viel Verständnis, dass er oder sie viel Zeit braucht für die notwendigen Therapien und um wieder zu Kräften zu kommen. Bei psychischen Erkrankungen, die physisch nicht sichtbar sind und oft schwer messbar, ist die gesellschaftliche Akzeptanz deutlich weniger ausgeprägt“, beobachtet der Facharzt Steffes-Holländer. Das liegt auch daran, dass eine Krebserkrankung eher als schicksalshaft angesehen wird, eine psychische Erkrankung teilweise als selbst verursacht.

Der Weckruf deines Körpers

Tatsächlich spielen Persönlichkeitseigenschaften eine Rolle. Wer überhöhte Ansprüche an sich selbst stellt, sich keine Fehler verzeihen kann und sich aus Pflichtbewusstsein oder Angst vor Konflikten immer wieder zu viel auflädt, hat ein höheres Risiko, psychisch zu erkranken. Darin steckt aber auch eine gute Nachricht: Denn die Persönlichkeit ist nicht in Stein gemeißelt. Festgefahrene Denkmuster und eingeschliffene Verhaltensweisen sind veränderbar, an Selbstwirksamkeit lässt sich arbeiten. Mit Schwächen und Grenzen liebevoller umzugehen und sich dafür nicht zu schämen ist ein wichtiger Teil der Psychotherapie.

Gleichzeitig ist eine Erkrankung auch ein Weckruf – viele merken erst dann, dass sie sich zu viel aufgeladen haben, ohne sich Phasen der Ruhe zu nehmen. Sie ist eine Aufforderung, die eigenen Werte und das Selbstbild neu zu justieren und zu prüfen: Was war mir bisher in meinem Leben wichtig? Was ist mir wirklich wichtig? Was hat mir meine Erkrankung gezeigt? Wie will ich künftig mit mir umgehen? Wie kann ich meinen Alltag so gestalten, dass ich nicht ständig an meine Grenzen komme?

Es braucht Zeit, um Antworten auf diese Fragen zu finden. Doch die Chance, an der Krise zu reifen, geht durch gängiges Kosten- und Effizienzdenken häufig verloren. In Krankenhäusern gibt es inzwischen das Prinzip der „blutigen Entlassung“. So nennen Kritikerinnen und Kritiker die neue Leitlinie bei Operationen: Tag eins Aufklärungsgespräch, Tag zwei Operation, Tag drei Beobachtung und anschließend Entlassung. Diesen extremen Zeitdruck gibt es bei psychischen Erkrankungen nicht. Trotzdem fühlen sich viele am Ende der Therapie gedrängt, schnell wieder das alte Niveau zu erreichen.

„Leistungsdruck, Perfektionismus, der Anspruch, immer zu funktionieren – alle Muster, die Mitauslöser für die psychische Erkrankung waren, werden am Ende wieder aktiviert“, sagt die Hamburger Arbeitsmedizinerin und Psychotherapeutin Martina Aßmann. Deshalb sei es so wichtig, dass Menschen nach einem Klinikaufenthalt oder einer ambulanten Behandlung ausreichend Zeit und weiterhin professionelle Unterstützung bekämen, ihre verletzlichen Punkte zu erkennen und rechtzeitig gegenzusteuern.

Aßmann bietet zusätzlich zur Verhaltenstherapie im Jahr acht MBCT-Kurse an. Die mindfulness-based cognitive therapy, kurz MBCT, ist ein achtwöchiges achtsamkeitsbasiertes und kognitives Trainingsprogramm, um das Rückfallrisiko nach depressiven Phasen zu senken. Die Therapie wurde von den Psychotherapieforschern und kognitiven Verhaltenstherapeuten Zindel Segal, Mark Williams und John Teasdale entwickelt. Achtsamkeitsübungen, Meditation und die bewusste Steuerung der Aufmerksamkeit sollen helfen, Frühwarnsymptome wie Schlafstörungen, missmutige Gedanken, ständige Müdigkeit und erhöhte Reizbarkeit wahrzunehmen und einer neuen Depressionsspirale entgegenzuwirken.

Rückfälle gehören dazu

Zwei wissenschaftliche Studien haben gezeigt: Bei Patienten, die bereits drei oder mehr depressive Episoden erlebt hatten, reduzierte die MBCT im Vergleich zu einer Standardbehandlung mit Psychopharmaka signifikant das Rückfallrisiko. Das Programm wird auch in den Leitlinien für die wissenschaftlich und klinisch fundierte Therapie bei Depressionen empfohlen. Ein Kurs könne helfen, die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken, oder die Psychotherapie gut ergänzen.

Rückfälle gehören aber dazu und sind oft sogar hilfreich. Mithilfe der Achtsamkeitsübungen merken die Betroffenen, in welchen Situationen sie in alte Muster zurückfallen. In der Therapie besprechen wir dann, wie sie zum Beispiel freundlich mit sich sein können, statt sich innerlich zu beschimpfen“, sagt Martina Aßmann.

Viele Kliniken bieten auch nach der Entlassung Unterstützung an. Sozialarbeiterinnen unterstützen bei der stufenweisen Rückkehr in den Job, zum Beispiel nach dem Hamburger Modell. Aßmann empfiehlt, im Wiedereingliederungsgespräch für die ersten zwei Wochen 25 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit auszuhandeln, vier bis sechs Wochen lang 50 Prozent und später 75 Prozent. Viele, beobachtet die Arbeitsmedizinerin, wollen jedoch keine Rückkehr nach Hamburger Modell, sondern sofort wieder auf hundert Prozent. Vor allem aus finanziellen Gründen. Wer Krankengeld bezieht, bekommt in der Phase der Wiedereingliederung nur 70 Prozent des Einkommens.

„Viele organisieren ihre Rückkehr in den Beruf nach monetären Gesichtspunkten und nicht nach gesundheitlichen. Manche merken nach einer Woche, dass sie sich übernommen haben und ihnen Gesundheit doch wichtiger ist als ein volles Gehalt. Sie organisieren ihre Finanzen neu, nehmen einen Kredit auf oder reduzieren Ausgaben. Aber das kann natürlich nicht jeder.“ Wenn eine stufenweise Rückkehr aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, lässt sich vielleicht etwas an der Aufgabenfülle ändern oder eine Vereinbarung treffen, für einen begrenzten Zeitraum kein neues großes Projekt zu übernehmen.

Erkenntnisse brauchen Zeit, um zu reifen

Nach einer psychischen Krise sei es wichtig, Selbstfürsorge zu lernen und täglich neu einzuüben. Das braucht Zeit. Viele lernen in der Klinik, wie wichtig es für ihre seelische Gesundheit ist, dreimal am Tag vernünftig zu essen, Sport zu treiben, regelmäßig eine kleine Pause zu machen und nett zu sich zu sein. Wenn eine berufstätige Mutter dann gleich in Vollzeit an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, morgens das Kind in die Schule bringt, acht Stunden arbeitet, und abends noch die Vokabeln abfragt, fehlt ihr schlicht die Zeit, das Gelernte umzusetzen.

Bekommt das letzte Drittel jedoch genügend Zeit und Aufmerksamkeit, kann die Krise zu neuer Stärke führen. Damit Rekonvaleszenz gelingt, braucht es die innere Bereitschaft, aus der Krise zu lernen, aber auch unterstützende Rahmenbedingungen und ein kultureller Wandel können helfen. Der amerikanische Arzt Dhruv Khullar ist immer wieder berührt, was Patientinnen und Patienten ihm beim Abschied auf die Frage „Wie fühlen Sie sich jetzt?“ antworten. Ein Mann sagte ihm: „Ich bin ein Fisch, der das Wasser entdeckt. Die Krankheit hat mir gezeigt, dass ich lebe.“ In einem Erfahrungsbericht der Stiftung Deutsche Depressionshilfe schreibt wiederum eine 62-jährige Frau: „Die schweren Zeiten haben mich dankbarer gemacht. Nichts ist mehr selbstverständlich. Ich kann noch mehr staunen über die Schönheiten der Natur, der Pflanzen, des Sternenhimmels und mich an kleinen Dingen freuen.“ Im letzten Drittel können kostbare Erkenntnisse reifen – wir müssen es nur zulassen.

Selbstwirksamkeit

Unter Selbstwirksamkeit versteht man die Überzeugung, auch schwierige berufliche oder private Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Das Konzept geht auf den kanadischen Psychologen Albert Bandura zurück. Laut Bandura lässt sich Selbstwirksamkeit unter anderem durch positive Erfahrungen, Ermutigung und von erfolgreichen Vorbildern erlernen. Selbstwirksamkeit erhöht die Chance, sich wieder zu erholen.

Quellen

Gavin Francis: Recovery. The Lost Art of Convalescence. Penguin Life 2023

Ralf Stegmann, Ute B. Steger: Anders gesund - Psychische Krisen in der Arbeitswelt. Springer 2018

Dhruv Khullar: Why Are We So Bad at Getting Better? The New Yorker, Annals of Inquiry, online 18.10.2023

Daniela Blank u.a: Rückkehr an den Arbeitsplatz nach psychischer Erkrankung – Ein Scoping Review. Psychiatrische Praxis, 48/03, 2021, 119-126

Angela Jakary u. a.: Evaluation of major depressive disorder using 7 tesla phase sensitive neuroimaging before and after mindfulness-based cognitive therapy. Journal of Affective Disorders, 335, 2023, 383–391

John D. Teasdale u. a.: Prevention of relapse/recurrence in major depression by mindfulness-based cognitive therapy. Journal of Consulting and Clinical Psychology. 68/4, 2000, 615–623

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 12/2024: So wird es leichter mit den Eltern