„Du bist eine Mörderin, du bist ein Monster“

Töten Mütter ihre Neugeborenen, gibt es keine simplen Antworten auf das Warum. Herbert Csef begiebt sich auf Ursachensuche in der Forschung.

Die Illustration zeigt eine Frau, die vor ihrem Spiegelbild steht und sich den Baum hält, der mit schwarzen Stift durchgestrichen ist
Ist das Baby nicht gewünscht, wird es ignoriert, verheimlicht und kurzerhand aus dem Leben gestrichen. © Christina S. Zhu für Psychologie Heute

An keinem Tag im Leben eines Menschen ist das Risiko, getötet zu werden, so hoch wie am ersten Lebenstag. Eine menschliche Tragödie: Neugeborenentötungen sind überwiegend Verzweiflungstaten von überforderten Gebärenden beziehungsweise Müttern. Die Not der Frauen sieht man in den Gerichtsverhandlungen oft nicht. Die Forschung macht ihr Wesen – und Leid – nun zunehmend sichtbar.

Zwischen 15 und 40 Neugeborenentötungen werden pro Jahr in Deutschland statistisch erfasst. Die tatsächliche Zahl ist viel größer. Ne…

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werden pro Jahr in Deutschland statistisch erfasst. Die tatsächliche Zahl ist viel größer. Neonatizide, wie diese Form der Tötung auch heißt, kommen in allen Altersgruppen (in Studien zwischen 13 und 40 Jahren) sowie allen Einkommensklassen vor.

Das tote Baby unter dem Handtuch

Einer dieser Fälle ist der einer 27 Jahre alten Ergotherapeutin. Im August 2021 verurteilte das Landgericht Schweinfurt sie wegen Totschlags zu acht Jahren und drei Monaten Gefängnis. Sie hatte ein Jahr zuvor allein im Badezimmer ein Kind zur Welt gebracht. Ihrem Lebensgefährten, dem Kindsvater, hatte sie die Schwangerschaft verschwiegen. Sie hatte bereits aus einer früheren Beziehung einen mehr als zehn Jahre alten Sohn und wollte kein weiteres Kind. Die Frau war also bezüglich Schwangerschaft und Geburt erfahren. Ihr Verlobter bemerkte und ahnte nach eigenen Angaben nichts von der Schwangerschaft.

Am Abend der Geburt klagte die Frau über Bauchschmerzen. Der Verlobte habe ihr Wasser in die Badewanne für ein Erholungsbad eingelassen. Sie habe ihn ermuntert, sie allein zu lassen und ohne Sorgen schlafen zu gehen. Er schlief im Raum nebenan. Morgens um 5 Uhr rief sie ihn hilfesuchend an. Das Badezimmer war da schon voller Blut, und der Mann kontaktierte sofort den Notarzt, der die Mutter ins Krankenhaus brachte. Beim Aufräumen des Badezimmers fand der Verlobte kurze Zeit später unter einem Handtuch ein totes Baby, ihren gemeinsamen Sohn. Er verständigte sofort die Polizei. Die Obduktion der Babyleiche ergab, dass das Kind lebend zur Welt gekommen war. Die Staatsanwaltschaft klagte die Mutter wegen Totschlags an.

Das Leben läuft ganz normal weiter

Neonatizide werden anders als in diesem Fall oft nicht entdeckt, weil Babyleichen leichter zu verstecken sind. Manche Fälle kommen nie, andere mitunter erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Tat ans Licht. In der Zwischenzeit leben die Täterinnen ganz normal weiter – zumeist so, als wäre nichts gewesen. So wie sie die Schwangerschaft verheimlicht und geleugnet haben, so verdrängen sie mitunter, dass in ihrem Haus immer noch die Babyleiche liegt.

Die Aufklärungsquote der Kriminalpolizei bei diesen Taten ist deutlich geringer als bei anderen Kindstötungen. Die Mutter und Täterin verschweigt alles, und das Opfer ist nach außen nicht bekannt, hat faktisch nie existiert. Kein Mutterpass, keine Schwangerschaftsuntersuchungen, keine Notiz in irgendeiner Behörde.

Jene Schwangerschaften, die zu Neonatiziden führen, sind fast immer ungewollte oder unerwünschte Schwangerschaften. Das im Mutterleib heranwachsende Kind ist kein Wunschkind. Die werdende Mutter ist entweder noch jung oder unerfahren und wird ungewollt schwanger, oder es handelt sich um erwachsene Frauen, die schon ein oder mehrere Kinder haben und keine weiteren wollen. Laut einer Studie des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2015 haben immerhin 44 Prozent aller Mütter, die ein Neugeborenes töten, bereits eigene Kinder.

Neben der ungewollten Schwangerschaft ist die Verdrängung oder Negierung der Schwangerschaft ein zentraler Faktor, der zu einem Neonatizid führen kann. Lange Zeit sprach man im Kontext von Neugeborenentötungen häufig von „Schwangerschaftsverdrängung“. Da der Begriff aber auf der Theorie der Abwehrmechanismen der Psychoanalyse fußt, wurde zunehmend Kritik laut. Denn es geht in solchen Fällen nicht nur um Verdrängung, sondern vielmals auch um dysfunktionale Körperwahrnehmung oder eine bewusste Verheimlichung der Schwangerschaft.

Vier Formen des Neonatizids

Anke Rohde war Professorin für gynäkologische Psychosomatik an der Universität Bonn und forensisch-psychiatrische Gutachterin bei Gerichtsprozessen zu Kindstötungen. Sie hat sich jahrzehntelang damit wissenschaftlich auseinandergesetzt und hat in vier Formen unterteilt:

  • Nicht wahrgenommene Schwangerschaft. Die Schwangere hat keine adäquate Körperwahrnehmung und kann die körperlichen Veränderungen während der Schwangerschaft nicht richtig deuten und einordnen. Die ausbleibende Regelblutung erklärt sie mit ihrem unregelmäßigen Zyklus, die Gewichtszunahme mit jahrzehntelangen Ess- und Gewichtsproblemen, und Kindsbewegungen werden als Darmbeschwerden oder Verdauungsprobleme fehlgedeutet

  • Verleugnete Schwangerschaft. Die Schwangere bemerkt ihre Schwangerschaft und deutet ihre körperlichen Veränderungen richtig. Vielleicht macht sie sogar einen Schwangerschaftstest, der positiv ausfällt. Sie will aber diese Realität nicht wahrhaben und verdrängt alles. Mit der Zeit ist sie schließlich überzeugt, nicht schwanger zu sein

  • Ignorierte Schwangerschaft. Die Schwangere weiß, dass sie ein Kind erwartet, schiebt aber diese Realität beiseite, weil sie sich nicht damit auseinandersetzen will. Sie trifft keine Vorbereitungen und wird schließlich von der Geburt überrascht

  • Verheimlichte Schwangerschaft. Die Schwangere registriert erst relativ spät ihre Schwangerschaft, ist sich dieser Realität jedoch bewusst. Psychosoziale Gründe bewegen sie dazu, ihren Zustand zu verheimlichen. Sie fürchtet negative Konsequenzen in ihrem Umfeld, wenn er bekannt werden würde, zum Beispiel den Verlust des Jobs oder Konflikte mit dem Partner. Sie entscheidet sich deshalb dafür, dass niemand davon erfahren soll.

Der Kindsvater bleibt unwissend

Der Fall der Schweinfurter Ergotherapeutin ist ein Beispiel für die letztgenannte Form. Sie diskutierte zwar mit ihren Freundinnen per WhatsApp ihre Bedenken wegen der Schwangerschaft – ihrem Verlobten, der ja auch der Kindsvater war, verschwieg sie sie aber. Das wurde ihr bei der Strafzumessung negativ ausgelegt. Ihre psychosozialen Gründe waren beruflich: Ihre Arbeit war ihr sehr wichtig und sie sah ihre Stelle durch eine Schwangerschaft bedroht. Zugleich gab es für sie offenbar keine andere Option, als das Kind auszutragen.

Insgesamt ist Anke Rohdes Differenzierung hilfreich, um die große Komplexität zu erfassen, die im Vorfeld eines Neonatizids wirksam ist. Bei der 27-jährigen Ergotherapeutin hatte die Polizei auch die Messenger-Nachrichten untersucht, und so konnte das Gericht bei ihr keine schuldmindernde Schwangerschaftsverdrängung erkennen und verhängte mit acht Jahren und drei Monaten sogar eine höhere Haftstrafe, als es die Staatsanwaltschaft gefordert hatte. Das Strafmaß war damit zugleich deutlich höher als bei anderen Neonatiziden, die üblicherweise mit zwei bis drei Jahren Gefängnis bestraft werden.

Eine nicht wahrgenommene Schwangerschaft findet sich überwiegend bei sehr jungen Schwangeren. Sie sind meistens Erstgebärende, relativ lebensunerfahren und ohne feste Partnerbeziehung. Oft leben sie noch bei den Eltern und sind finanziell nicht unabhängig. Sie deuten ihre Körpersymptome und Schwangerschaftszeichen aufgrund ihrer Naivität und Unerfahrenheit falsch. Und sie wollen auf keinen Fall schwanger sein.

Mit jedem Tötungsdelikt sinkt die Hemmschwelle

Die Ergotherapeutin aus Schweinfurt wiederum gehört zur Gruppe der älteren Mütter mit bereits lebenden Kindern. Sie befand sich in einer festen Paarbeziehung, war mit ihrem Partner verlobt und hat einen älteren Sohn. Sie hatte also bereits Schwangerschaft und Geburt erlebt und Erfahrung mit der Behandlung durch Frauenärztinnen.

Schließlich gibt es auch Frauen, die wiederholt einen Neonatizid begehen. Diese Frauen sind im Durchschnittsalter deutlich älter und haben ebenfalls oft schon lebende Kinder. Ihre Gründe, weshalb die Schwangerschaft ungewollt oder unerwünscht ist, sind andere als bei den sehr jungen Täterinnen.

Mehrfachtäterinnen leben überwiegend in festen Beziehungen, und ihr Partner will keine weiteren Kinder, ist aber ignorant bezüglich jeglicher Empfängnisverhütung seinerseits. Auch die betreffenden Mütter wenden keine der üblichen Methoden der Empfängnisverhütung an und verdrängen den Konflikt mit dem Partner. Sobald die Frauen ihre Schwangerschaft wahrgenommen haben, verhalten sie sich meist, wie oben beim Typ der verleugneten Schwangerschaft geschildert. Einige Experten vermuten, dass mit jedem weiteren Tötungsdelikt die Hemmschwelle sinkt.

Mehrfachtäterinnen verleugnen und verdrängen nicht nur die jeweilige Schwangerschaft, sondern oftmals auch die versteckten Babyleichen. Die meisten bewahrten die Leichen im eigenen Haus oder in der Nähe auf. Das Ausmaß der Verdrängung ist in diesen Fällen besonders hoch. Damit leben sie oft mehr als zehn Jahre.

Konflikthafte Familienverhältnisse

Verdrängung, Verheimlichung, weggeschobene Realität: Das findet sich auch in dem Umfeld der Frauen. Niemand scheint von einer Schwangerschaft zu wissen, auch nicht der Kindsvater, Partner oder Ehemann. Die Geburt erfolgt fast immer ohne medizinische Hilfe allein im Badezimmer oder auf der Toilette.

Alle im Umfeld der Täterin – der mögliche Partner oder Kindsvater, die Eltern, die Freundinnen und Freunde, die Nachbarschaft, die Arbeitskolleginnen und -kollegen – zeigen sich erschüttert und überrascht, falls die Babyleiche entdeckt wird. Sie wussten nichts von der Schwangerschaft, so heißt es dann zumindest immer. Wenn doch jemand aus dem Umfeld eine Schwangerschaft wegen des dickeren Bauches vermutet hatte, wurde nicht nachgefragt oder man ließ sich schnell mit irgendwelchen Ausreden täuschen.

Diese Schwangeren stammen oft aus schwierigen und sehr konflikthaften Familienverhältnissen. Zu den Müttern und Eltern besteht meist eine ambivalente Beziehung. Diese wollen sich dann nicht einmischen oder engagieren, sie halten sich lieber raus.

„Was nicht sein darf, kann nicht sein“

Speziell die Rolle der zugehörigen Partner oder Ehemänner bleibt bislang im Dunkeln. Sie wollen es oft selbst nicht wahrhaben, weil sie kein weiteres Kind möchten, nach dem Motto „Was nicht sein darf, kann nicht sein“. Nicht nur ihre Frauen, sondern auch sie weisen eine ausgeprägte Verdrängung auf. Ihre Mitverantwortung müsste daher viel mehr betont werden – in der Forschung, in offiziellen Stellungnahmen, bei den forensisch-psychiatrischen Gutachten und bei den Gerichtsverhandlungen.

Die Kindsväter spielen besonders in den Neonatizidfällen, in denen die Mütter verheiratet sind oder mit dem Kindsvater in einer festen Partnerbeziehung leben, eine bedeutende Rolle. Wenn sie überhaupt in der Gerichtsverhandlung als Zeugen befragt werden, geben sie sich meist ahnungslos und behaupten, sie hätten von der Schwangerschaft nichts gewusst und nichts bemerkt. Zahlreiche Expertinnen und Experten glauben dies nicht und erleben derlei Aussagen als Schutzbehauptung, um sich selbst aus der Affäre zu ziehen. Manche Juristinnen und Juristen fordern, die Väter als Mittäter oder Mitwisser zur Verantwortung zu ziehen.

Aus dem Opfer wird die Täterin

Fast alle Mütter, die ihre Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt töten oder unversorgt sterben lassen, haben diese Tat nicht geplant. Deshalb werden die Neonatizide juristisch fast immer als Totschlag eingeordnet, und die Täterinnen er­halten deutlich geringere Haftstrafen als bei Tötungen üblich. Sie nahmen ja die Schwangerschaft nicht wahr oder verleugneten und verdrängten sie. Entsprechend trafen sie auch keine Vorbereitungen für die Geburt und wurden durch die Wehen regelrecht überrascht. Sie gerieten dann in Panik, ihr Handeln war irrational, planlos, hilflos und verzweifelt. Sie wussten einfach keinen anderen Ausweg, als das Baby verschwinden zu lassen.

Während manche Umstände unbeleuchtet bleiben, gibt es auch neuere und äußerst relevante Erkenntnisse aus der Forschung. Eine österreich-finnische Forschungsgruppe, die sich mit Neonatiziden beschäftigte (Projektleiterinnen waren Claudia Klier aus Wien und Hanna Putkonen aus Helsinki), stellte in ihrer Studie fest, dass 48 Prozent der Täterinnen in ihrer Vorgeschichte Traumata erlitten hatten. Dieses Phänomen war zuvor sowohl in der Wissenschaft als auch bei Gerichtsverhandlungen wenig beachtet worden.

Die Täterinnen mit Trauma-Anamnese hatten überwiegend sexuellen Missbrauch in der Kindheit erlitten. Wird eine derart traumatisierte Frau schwanger, löst dies in ihr besonders hohe Ambivalenzen aus: Die Schwangerschaft entstand durch Sexua­lität, Sexualität ist für sie tabuisiert und wird hoch zwiespältig bewertet. Das kann zu Aggressionen gegen sich selbst oder andere führen, etwa das neugeborene Kind. Daher sind Suizide und Gewaltdelikte bei traumatisierten Frauen häufiger als bei Frauen ohne diese Erfahrung. Solche möglicherweise schuldmindernden Faktoren werden bei der Urteilsfindung und Strafhöhe allerdings noch immer zu wenig gewürdigt.

Selbstvorwürfe und tiefe Verzweiflung

Überhaupt lässt sich das subjektive Erleben der Mütter nicht aus Statistiken und Tabellen der großen kriminologischen Neonatizidstudien herauslesen. Es erschließt sich aus den psychologischen oder forensisch-psychiatrischen Gutachten, die für die jeweiligen Gerichtsverfahren angefertigt werden – oder durch gezielte Interviews. Im Rahmen eines Forschungsprojekts des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen führte Marlies Kroetsch Gespräche mit Müttern, die ihre Neugeborenen getötet hatten.

„Ich hab das ja auch nicht wahrgenommen, dass jetzt ein Kind geboren wird, dass wirklich ein Lebewesen kommt, das da ein Recht hat auf ein Leben… Das ist ein störendes, ja störendes Teil irgendwie in meinem Leben, das passt jetzt hier grad nicht rein, das muss weg“, beschreibt in der Studie eine der Frauen und ergänzt: „Das war das Einzige, was ich so gedacht habe…, ich hab das auch gar nicht wahrgenommen, dass es wirklich am Leben ist, auch dass das ein kleines Kind ist, was bedürftig ist, was Hilfe braucht.“

Eine andere Mutter hatte die Schwangerschaft zwar wahrgenommen, sie aber verheimlicht: „Ich wollte keine Fragen beantworten und hatte vielleicht ein Stück weit Angst, doch überredet zu werden. Für mich war es einfacher damit, es zu verschweigen.“

In der Studie von Marlies Kroetsch finden sich auch viele Aussagen von den Frauen dazu, wie es ihnen nach der Tat erging. Vor allem Schuldgefühle, Selbstvorwürfe und tiefe Verzweiflung kommen darin zum Ausdruck. Eine Mutter sagte: „Du bist eine Mörderin, du bist ein Monster, du hast deinen eigenen Sohn getötet.“

Ein hellhöriges Umfeld

Wie lässt sich nun solchen Taten vorbeugen? Die Möglichkeiten sind begrenzt. Wie soll ein Neugeborenes geschützt werden, von dem nicht mal bekannt ist, dass es existiert? Chancen können nur in der Zeit während der Schwangerschaft liegen. Ärztinnen und Ärzte könnten aufhorchen, wenn sie zum Beispiel wegen unklarer Bauchbeschwerden aufgesucht werden. Manche empfehlen dann sogar einen Schwangerschaftstest, überprüfen aber oft nicht, ob dieser auch erfolgt ist. Hier täte Beharrlichkeit not.

Die Menschen im näheren Umfeld – vor allem Partner, Eltern, Freundinnen und Freunde – müssen hellhörig und aufmerksam werden sowie ihrer Wahrnehmung vertrauen, wenn sie eine Schwangerschaft vermuten, die Betroffene diese aber verneint.

Zur Präventionsarbeit gehört aber auch die Information über Handlungsalternativen bei ungewollten Schwangerschaften, wie etwa einen Schwangerschaftsabbruch, die Freigabe des Kindes zur Adoption, eine anonyme Geburt oder die Babyklappe. Im Vergleich zu Österreich werden diese Möglichkeiten in Deutschland zu wenig kundgetan. Österreich konnte die Zahl an Neonatiziden in den letzten Jahren deutlich senken, und Forschende führen dies darauf zurück, dass die genannten Handlungsalternativen in der österreichischen Bevölkerung durch eine forcierte Informationsstrategie publik gemacht werden – und dadurch Leben retten.

Quellen

Nadine Bozankaya: Neonatizid. Die rechtliche Reaktion auf die Tötung Neugeborener. Eine strafrechtliche Untersuchung anhand von Aktenanalysen. Bremer Forschungen zur Kriminalpolitik, Band 15, Lit 2010

Herbert Csef: Tötungsdelikte durch Frauen – Kindstötungen und Intimizide. Die Kriminalpolizei, 3, 2023

Peter Groscurth: Babyleichen von Wallenfels: Urteil ist gefallen. In Franken vom 20. Juli 2016

Franziska Hörske: Neonatizid – Das Phänomen der Neugeborenentötung. Eine Untersuchung kriminalistischer Handlungspraktiken im Ermittlungsverfahren bei Neonatizid. Fachhochschule der Polizei Sachsen-Anhalt. Abschlussarbeit vom 26. November 2020

Theresia Höynck u.a.: Neonatizid. Expertise im Rahmen des Projekts „Anonyme Geburt und Babyklappen in Deutschland – Fallzahlen, Angebote, Kontexte. 2012

Theresia Höynck u.a.: Tötungsdelikte an Kindern unter 6 Jahren in Deutschland. Eine kriminologische Untersuchung anhand von Strafverfahrensakten (1997 – 2006). Springer VS 2015

Nadine Jelden: Der Neonatizid als mögliche Konsequenz einer negierten Schwangerschaft. Dissertation. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 2012

Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen: Neonatizid. Die Tötung von Neugeborenen, Stand: 29.01.2015

Michael Mielke: Mutter der neun toten Babys bricht ihr Schweigen. Die Welt, 14. Februar 2008

Daniela Pollich: Neonatizid. Ergebnisse eines kriminalistisch orientierten Forschungsprojekts zur Tötung von Neugeborenen. Kriminalistik, 12, 2016, 743-750

Anke Rohde: Plötzlich Mutter. Verdrängte Schwangerschaft. Gehirn & Geist, 9, 2021

Maria Schöne u.a.: Neonatizid. Täterinnentypologie und Ost-West-Vergleich. Der Nervenarzt, 86, 2015, 595-602

Christine Swientek: Neugeborenentötungen in Deutschland. Wenn Mütter töten. Viademica 2018

Dieser Artikel befindet sich in der Ausgabe: Psychologie Heute 8/2024: Glückliche Stunde gesucht